Laudatio Hartmut Haenchen

Photo: Elisabeth Heinemann

Festakt zur Verleihung der Ehrendoktorwürde der Hochschule für Musik Carl Maria von Weber Dresden an


Hartmut Haenchen


25.09.2013, Konzertsaal 16.00 Uhr


Laudatio




Meine Damen und Herren,

es war wie ein Blitzeinschlag, als ich 2006 in Am­sterdam zum ersten Mal Hartmut Haenchens „Ring“ hörte.  Es war ein „an-derer“ Wagner als der Gewohnte, der Übliche, der Konventionelle. Und ich habe in den letzten 35 Jahren weiß Gott viele "Ringe gehört", nicht nur alle Bayreuther, sonder auch an anderen Orten Europas, an berühmten und weniger berühmten Opernhäusern. Längst ist ja Bayreuth nicht mehr die Nummer eins unter den maßstabsetzenden Wagnerbühnen. Im Gegen-teil! Ein Besuchersder Bayreuther Festspiele, er hieß Maurice Barrès, hattee schon 1886, also drei Jahre nach Wagners Tod, festgestellt: „Gerade in Bayreuth ist man, sagen wir es deutlich, am weitesten von Wagner entfernt“.


Aber ich will nicht abschweifen: Bei Hartmut Haenchens Amsterdamer "Ring" ist man Wagner so nah wie selten. Nicht nur wegen der unüblichen Positionierung des Orchesters. Der Regisseur Pierre Audi hat die übliche Guckastenbühne gesprengt und den gewaltigen Bühnenraum der Amsterdamer Oper über den hochgefahrenen Orchestergraben in den Zuschauerraum hinein verlängert. Hart Haenchen hat das komplette "Ring"- Orchester auf die Bühne gesetzt. Was Wagners Idee  von der „Geburt des Dramas aus dem Geiste der Musik“ Reverenz erweist. Aber es war neben der unkonventionellen Inszenierung vor allem das Gehörte, das mich überwältigte und mir unmißverständlich klar machte: Da ist ein Dirigent, der  dirigiert Wagner anders als die meisten seiner Kollegen. Weil er sich mit den überlieferten Aufführungskonventionen, und vor allem mit dem Notentext, so wie er vorliegt, nicht zufriedengibt.  Hartmut Haenchen hat das Wagnersche Notenmaterial einer kritischen Überprüfung unterzogen. Ein Dirigent muss die Quellen studieren, das ist ja eine der Grundüberzeugungen Hartmut Haenchens. Auch in Sachen Wagner.


Er hat  ein komplett neues Orchestermaterial erarbeitet, er  selbst hat alles bezeichnet, bis hin zum letzten Strich für die Strei-cher. Wagner hat ja für Bayreuth andere Bezeichnungen geschrieben als für München, wo er "Rheingold" und "Walküre" uraufführte. Hartmut Haenchen hat sich bemüht, die ursprüngliche Artikulation und Phrasierung wieder herzustellen, das heißt also auch die ganzen Stricharten dem Original wieder anzupassen. Und dann entsteht ein vollständig anderes Klang-bild, nicht der berühmte Wagnersche Mischklang, sondern ein klar strukturierter Klang, der erst die Meisterschaft von Wagners Polyphonie, Instrumentierung und Farbenzauber wirklich hörbar werden läßt.   


Man hört Wagners Ring in Amsterdam völlig neu. Die Tempi sind durchweg straffer, die Artikulation des glasklar struktu-rierten Orchesters ist prägnant und deutlich. Die Sänger müssen nicht schreien, was sie sonst üblicherweise heute tun, selbst in Bayreuth...  eine der übelsten Wagnerverfälschungen... Es wird wortverständlich gesungen in Amsterdam, und auch das Instrumentarium verzeichnet dank Hartmut Haenchen Neuzugänge. Beispielsweise eine Donnermaschine, die in der Nähe von Bayreuth in einer Scheune vor sich hinmoderte. Hartmut Haenchen hat sie aufgespürt und er hat  das Instrument für Amsterdam nachbauen lassen. Es produziert  einen ganz besonderen Klang. Es ist kein elektronischer Kunst-Donner aus der Konserve. Es ist ein Musik­instrument, wenn man so will. Hartmut Haenchen hat übrigens viele Stellen gefunden, an denen die Windmaschine bei Wagner eingesetzt wurde, was nicht in der Partitur steht.  Aber das  alles wurde durch Wagners Assistenten akribisch  überliefert. 


Und so hat er an der Nederlandse Opera  mit seinem „Ring“-Dirigat die falsche Wagner-Tradition, die bis heute an den klei-nen und großen Bühnen, auch den sogenannten Wagnerbühnen der Welt vorherrscht, mutig und beispielhaft aufgebrochen. Hartmut Haenchens Hoffnung, daß auch außerhalb Amsterdams seine Vorstellung von Wagner, wie er sie dort entwickelt hat, Schule macht, kann man sich nur anschließen.


Doch es steht zu befürchten, so mein Pessimismus als leidgeprüfter Opernkriti­ker, dass die meisten Dirigenten und Orches-termusiker - mit Verlaub gesagt - weiterhin eine ruhige Kugel schieben werden, einfach weil sie zu bequem sind. Und gar nicht daran denken, sich Wagner neu und anders zuzuwenden als bisher. Das könnte ja unnötige Arbeit bedeuten. Dabei bedürfte die Aufführungspraxis Wagners dringend einer "historisch informierten" Neuorientierung. Hartmut Haenchen hat die Tür dazu weit aufgestoßen. Und er hat nicht nur in Amsterdam, auch in Paris und in Brüssel, in Leipzig, in Mailand und in Madrid, um nur einige seiner Wirkungsstätten zu nennen, "seinen" Wagner präsentiert, mit dem allergrößten Erfolg.


Meine Damen und Herren, was ich über Hartmut Haenchens Umgang mit Wagner erläuterte, das meinte ich gewissermaßen pars pro toto. Diese philologisch gewissenhafte Vorbereitungsarbeit des Dirigierens, des Aufführens, des Interpretierens von Musik, ist bezeichnend für  den Dirigenten Hartmut Haenchen. Sie gilt nicht nur für Wagner, sondern ebenso für  Richard Strauss, für Mozart, Haydn und Heinichen, für Gustav Mahler, für Karol Szymanowksi, Peter Tschaikowsi, Aribert Reimann und Alban Berg, ja für Verdi, Mussorgsky und Berlioz. Um nur einige Komponisten aus dem breiten Repertoire Hartmut Haenchens zu nennen. Sein musikalischer Horizont ist weit.   


Hartmut Haenchen wird zurecht als einer der vielseitigsten Dirigenten unserer Zeit gewürdigt, sowohl in der Oper als auch im Konzertleben.  Und er ist ein Kosmopolit, wenn auch eigentlich ein unfreiwilliger, denn es waren die vertrackten und  - von heute aus betrachtet - geradezu  grotesken Verhältnisse in der DDR und ihrem politisch infiltrierten Musikleben, die ihn bewogen, seine Heimat zu verlassen, sich freizukaufen, im wahrsten Sinne des Wortes. Er hat es mehrfach in aller Öffentlich-keit bekannt. Allerdings hat ihm das "westliche Ausland", um es im Jargon der DDR-Vergangenheit zu sagen, dann doch weit mehr und ungeahnte Entfaltungsmöglichkeiten geboten, als ihm  wahrscheinlich die DDR  je hätte bieten können. Sie hat seine Emigration ja auch nicht lange überlebt.


Konzert- und Opern-Gastdirigate führten Hartmut Haenchen in fast alle europäischen Länder. Und fast alle Kontinente. Er hat sich nicht geschont. Sein Arbeitspensum ist enorm. Sein Rezept, dies zu bewältigen ist  ganz ein­fach, wie er neulich in einem Interview bekannte: "An Rudolf Mauersberger denken".


Es war beim Dresdner Kreuzchor, wo Hartmut Haenchen die - nicht nur musikalischen Tugenden - Disziplin und Gründ-lichkeit gelernt hat, sondern auch sein musikalisches Basis-Wissen erhielt, seine Schule in sozialer Haltung und in Durchsetz-ungsvermögen. Rudolf Mauersberger war sein Vorbild: „Krankheit sei Schlamperei“ habe Mauersberger  verkündet und gefordert, hart zu sich selbst zu sein. 


Wer Hartmut Haenchen auf Proben kennengelernt hat, weiß, wie kompromisslos, wie  schonungslos er arbeitet, wie viel er den Orchestermusikern, aber auch sich selbst abverlangt, ob er nun mit dem Tonhalle Orchester Zürich arbeitet, den Mün-chner Philharmonikern, dem Orchestre de Paris, dem Orchestre Philharmonique de Radio France, dem Orchestre National de Radio France,  dem Orchestre Symphonique de la Monnaie Brussel, der Accademia di Santa Cecilia Rom, der Königlichen Philharmonie Stockholm, der Philharmonie Oslo, der Niederländischen Philharmonie, dem Japan Philharmonic Orchestra oder welchem auch immer.


Meine Damen und Herren, der Berufsstand des Dirigenten ist so vielfältig wie kaum ein anderer. Dirigenten sind Diktatoren und Rattenfängen, Aristokraten und Poltergeister, Showmaker und Priester, Einzelgänger und Populisten, Kommandeure und Träumer, Zuchtmeister und Chaoten, Pedanten und Anarchisten, Geschäftsleute und Idealisten, global Players und nicht selten Primadonnen, Esoteriker und Coverboys der Musikszene.


Gemeinsam ist den meisten Dirigenten, so will es nicht nur das Vorurteil, ein berufsspezifischer Verhaltenskodex, der meist um so ausgeprägter ist, je teurer der Dirigent im Musikbusiness gehandelt wird. Im Club der Besten, zumindest aber der Teuersten zu rangieren, verlangt die Einhaltung von Spielregeln. Dafür kann man es sich dann leisten, nicht immer „top“ sein zu müssen. Im Club stützt einer den anderen. Alles greift ineinander. Man schiebt sich die Bälle zu. Wer einmal im Club ist, hat es geschafft. Und alle Mitglieder des Clubs sind selbstverständlich Freunde. Man tut zumindest so. Es dient dem „Big businnes“. Eine Hand wäscht die andere. Der Rubel rollt, „Freude, schöner Götterfunken“. Wenn nur das Marketing und die PR-Arbeit stimmen. Der Marktwert gehorcht den Gesetzen der Börse. Zeitgeist redet mit. Massenwirksamkeit hilft. Popula-rität kann mithilfe der Medien aufgebaut werden. Wer schließlich  herumgereicht wird an den ersten Konzertpodien und Oper­häusern der alten wie der neuen Welt, wer im Jet-Set rotiert, das entscheiden Manager und Agenten, Marke­tingchefs und Konzerne. Das Publikum zollt Beifall. Es geht im Karussell des internationalen Musikgeschäfts längst nicht mehr primär um die Musik und die künstlerische Quali­fikation dessen, der sie dirigiert.


 

Eine Aura von Glanz und Glamour umgibt viele Dirigenten. Vielleicht kein anderer Berufsstand ist derart schillernd und facettenreich. Die Dirigenten mit ihrem ausgeprägten Hang zur Eitelkeit, und zur Selbstdarstellung, aber auch ihrem offen zur Schau gestellten Willen zur Macht sind nicht nur Vermittler zwischen Partitur und Orchester, sondern sie sind die eigent-lichen Helden unseres Musik­lebens. Sind Wanderer zwischen den Welten, globale Musikheroen, Götter in schwarz, mit Macht und Nimbus, sind vielbewunderte, bestaunte, kritisiere und hofierte Stars, sind hochbezahlte Aushängeschilder, stili-sierte Werbeträger und oft genug nichts als hochglanzpolierte Etiketten einer überwiegend kommerziell orientierten Musik-szene, um nicht zu sagen Musikindustrie, in der Selbststilisierung und Selbstinszenierung zum Geschäft gehören. Dem korrespondieren  die Ihnen oft zugeschriebenen Eigenschaften, wie Unnahbarkeit, Egozentrik, Kapriziertheit, Arroganz und betonte Bohèmehaftigkeit.


Hang zum Luxus, Launenhaftigkeit, zur Schau gestellte Autorität und ungehemmte Künstlerallüren verhindern oft die Wahr-nehmung tieferer Wahrheiten hinter verständlicher Abschirmungstaktik. Unter der Oberfläche purer Notwendigkeit der Ab-grenzung gegenüber zudringlichen Trabanten und Adoranten verbergen sich nicht selten zarte und sensible Seelen, die hinter schützenden, scheinbar undurchdringlichen Mauern das Gärtlein ihrer utopischen Empfindungen und Erkenntnisse hegen und das Elfenbein ihres Künstlertums vor Ver­witterung  durch den Dunst gemeiner Realität und schnöder Alltagsbanalität bewahren.  So will es der Mythos vom Maestro.


Hartmut Haenchen ist einer er wenigen Vertreter dieses Berufsstands, der sich dem Musikbusiness weitgehend verweigert, weil es ihm auf die Musik ankommt, deshalb treffen auf ihn die genannten Etikettierungen nicht, oder sagen wir vorsichts-halber kaum  zu. Etwas Eitelkeit sei ihm als Dirigenten zugestanden, ganz ohne Eitelkeit geht es ja nicht. Aber es gibt Eitelkeit in der Sache oder die Person betreffend... Hartmut Haenchen spielt nicht die Rolle eines der von der Gloriole der Unantas-tbarkeit und musikalischen Heiligkeit umstrahlten Weltstars, der hinter einer Schutzfassade seine - zugegeben - extreme berufliche Existenz, seine Ausnahmelebensform und sich selbst versteckt. Nein, Hartmut Haenchen gehört zu einem Dirigen-tentyp, der sich menschlich-allzumenschlich gibt, als Zeitgenosse und Mensch von heute, ein Musiker ohne Maske, ohne Fassade und ohne Frack- und Taktstockallüren. Er ist eher ein unprätentiöser, dem Werk gegenüber demütiger Kapellmei-ster, was als großes Kompliment gemeint ist - ein ernsthafter Realisierer kompositorischer Vorgaben, selbstkritisch, offen für Kritik und Anregungen von außen, jenseits aller Selbstgefälligkeit und Selbstbeweihräucherung. Er  ist ein diskreter, ganz und gar nicht das Rampenlicht suchender Dirigent, dem es mehr um die Sache als um seine Person geht. Er ist vor allem ein neugieriger, ein gewissenhafter Musiker, der sich nie mit Routine zufriedengibt und der sich nicht auf Konventionen verlässt. Er ist eben nicht nur ein Musiker! 


Als ich mein Buch über  den "Mythos des Maestro" geschrieben habe, und mit vielen Dirigenten über ihren Beruf gesprochen habe, hat mir Lorin Maazel gesagt: "Ein Musiker, der nur ein Musiker ist, ist kein guter Musiker!"  Recht hat er. Und Hartmut Haenchen ist der schlagende Beweis dafür, dass ein Musiker, der mit breiter  Bildung, weitem Horizont und mit aka­demi-scher Gründlichkeit des Umgangs, der Hinterfragung und der  Korrektur von Notentext und Aufführungspraxis aufs Pult geht oder in den Graben steigt, tatsächlich ein besserer Dirigent ist als so mancher "gehypte" Pultstar.


Nicht immer sind die sogenannten "berühmten" Dirigenten die besten. Chefpositionen, Schallplattenverträge und glänzende Auftrittsmöglichkeiten besagen gar nichts. Im Rampenlicht zu stehen oder auf Schallplattenhüllen zu glänzen, sagt im Zweifelsfall mehr über kaufmännische als über künst­lerische Qualitäten aus. Bei nicht wenigen der international renom-mierten Maestri beruht das Geheimnis ihres Erfolges auf ausgeprägtem, wo nicht schamlosem  Geschäftssinn und knall-hartem, populistischem Kalkül. Bei manchen der von Agenturen oder Plattenfirmen aufgebauten Karrieren sind inter-pretatorische Phantasie, musikalische Intelligenz, gestalterischer Einfallsreichtum, musikhistorische und Repertoire-Kenntnisse sowie  künstlerische Animiertheit seltene Tugenden. 


Die Musik ist, so schrieb der Dirigent Hermann Scherchen seinen Schülern in sein Lehrbuch des Dirigierens, die Musik ist die „geistigste“ Kunst“. Und er bekannte mit Blick auf seinen eigenen Berufsstand freimütig: „Das Geheimnis der Kunst ist das Geheimnis der Persönlichkeit“. Hartmut Haenchen ist eine große Persönlichkeit!


Das Credo Harmut Haenchens lautet: "Man wird seine Ziele nicht erreichen, aber je höher sie gestellt sind, umso weiter kommt man. Die Herausforderung besteht in einem möglichst genauen Quellenstudium, dessen Erkenntnisse einem großen Publikum emotional wahrnehmbar zu machen sind."


Man könnte sagen: Hartmut Haenchen ist so etwas wie ein "Akademiker" unter den Dirigenten, was nicht heißen soll, dass seine Art Musik zu machen "akademisch" sei. Ganz und gar nicht! Es mangelt Hartmut Haenchen weder an spontanem Temperament, an Leidenschaft, an Feuer, noch an gestalterischer Phantasie, an Kraft und Klangsinn. Neben allem Struktur-denken und aller analytischen Partituranalyse. Man kann das auf  über 130 CDs und DVDs, die er bisher aufgenommen hat, überprüfen.  Auch hat Hartmut Haenchen in vielen Publikationen und Vorträgen, Moderationskonzerten und Artikeln Kluges gesagt und geschrieben. 


Sein Buch mit Gedanken über Musik, "Zweifel als Waffe" (so lautet der Titel) erregte Aufsehen in der niederländischen Musikwelt. Das zweisprachige Buch "Über die Unvereinbarkeit von Macht und Liebe" in Wagners "Ring" wurde von Pub-likum und Presse mit Begeisterung aufgenommen. In deutscher und niederländischer Sprache ist seine 14-teilige Buchserie "Mahlers fiktive Briefe" erschienen. Und im Oktober werden, hoffentlich rechtzeitig zur Buchmesse, seine gesammelten Schriften zur Musik in 2 Bänden erscheinen unter dem Titel "Werktreue und Interpretation".  Ich durfte schon ein wenig im Manuskript blätern: Nicht nur seine darin enthaltenen Gedanken zu Wagner, sondern auch seine kritischen Auslassungen über das permanente Nonvibrato-Spielen oder -Singen von Orchestern, Solisten und  als "Chorstil" im vorklassischen Reper-toire, wie es heute weitgehend von der sogenannten "historischen Aufführungspraxis" betrieben wird, erweisen Hartmut Haenchen als ausgewiesenen Kenner der musikhistorischen Quellen und als wahren Gelehrten der Musikwissenschaft.

 


Mit der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB) hat er erst kürzlich einen Schen-kungsvertrag geschlossen, um die Dokumente seines künstlerischen Wirkens dauerhaft für Forschung und Praxis zur Ver-fügung zu stellen.  Zunächst eine sehr umfangreiche Partitur-Bibliothek von ca. 3000 Bänden, die weitgehend mit allen Ding-en, die man in Musik schriftlich ausdrücken kann, bezeichnet sind. Inklusive aller Quellen-Befunde, die über Partituren h-inausgehen. Dazu eine umfangreiche Orchester-Material-Bibliothek, komplett eingerichtet und spielfertig von etwa 600 Werken für Kammerorchester und 40 Opern sowie etwa 200 sinfonischen Werken. Dazu eine umfangreiche Sammlung von Notizen, Zeitdokumenten, Programmen, Plakaten und Fotos, nicht zu reden von bibliophilen Raritäten und Handschriften.

 

Für seine Verdienste als überragender Interpret, aber auch als Musikvermittler ist Hartmut Haenchen mit Preisen und Auszeichnungen überhäuft worden. Auch für die musikpolitische Arbeit, die er gemeinsam mit seiner Ehefrau  in Sachen deutsch-niederländischer Annäherung geleistet hat.  Nicht zuletzt durch die Königin der Niederlande wurde er mit der höchsten Auszeichnung, die erstmals ein Deutscher in den Niederlanden erhielt, ausge­zeichnet: er wurde in den Stand des Ritters im Orden des Niederländischen Löwen erhoben. 2006 verlieh sie ihm die Niederländische Nationalität ehrenhalber. Der Bürgermeister von Amsterdam überreichte ihm den Ehren­pfennig der Stadt Amsterdam, also die Ehrenbürgerschaft für seine Verdienste um die Stadt. Diese wunderbare, altehrwürdige Kultur- und Musikstadt ist ohne Frage seine bisher wich-tigste Wir­kungsstätte. Immerhin hat er 20 Jahre dort gelebt. Aber auch hierzulande ist Hartmut Haenchen hochgeehrt. Die Sächsische Akademie der Künste wählte ihn 1998 zum ordentlichen Mitglied. Der Bundespräsident Deutschlands verlieh ihm das Bundesverdienstkreuz.     


Hartmut Haenchen, der am 21. März dieses Jahres seinen 70sten Geburtstag feierte, ist ohne Frage einer der bemerkenswertesten und ernstzunehmendsten Dirigenten weltweit.


"Glück" sei für ihn, wie er neulich einmal äußerte, eine gute Partitur beim Lesen vollständig zu hören. Für sein Publikum ist es ein Glück, ihm beim Dirigieren, beim Musizieren zuzuhören.


Und wenn ich mir zum Schluß meiner Ausführungen eine persönliche Be­merkung erlauben darf: Ich glaube, dass ich nicht der einzige in diesem Saal bin, der sich sehr freut, dass Hartmut Haenchen hier und heute die Ehrendoktorwürde verliehen wird. 


 


Ich danke Ihnen  für Ihre Aufmerksamkeit.