Komische Oper Berlin Gala zum 75.

Foto: Barbara Braun


Komische Oper-Jubiläums-Gala als Kino der Selbstfeier


„Die trau´n sich was“, sagte die ehemalige Kulturstaatsministerin Monika Grütters in einem der vielen Interviews, die in der Jubiläums-Gala der Komischen Oper Berlin aus Anlass ihres 75jährigen Bestehens per Video auf großer Bühnen-Leinwand gezeigt wurden. Die heutigen Ko-Intendanten Susanne Moser, Philip Bröking und viele andere, die an dem Haus etwas zu sagen haben und hatten, kamen zu Wort. Alle waren natürlich des Lobes und der Bewunderung voll, auf Film, wie gesagt. Den Anfang machte Bundespräsident Steinmeier allerdings live. Er holte in seinem Grußwort weit aus. Durch Kunst, auch Musiktheater könnten Menschen besser mit dem Leben umgehen. Gewiss. Er sprach von Humanität und Tradition, vom Geist des Hauses – der auf Walter Felsenstein zurückgehe - und von „höchster Qualität“.  


Es war ein vor allem filmischer Rückblick auf die Geschichte der Komischen Oper im Spiegel des Wandels der Stadt. Und eine Hommage an ein Musiktheater, das die Welt der Oper revolutionieren sollte, ein Haus, dessen Geschicke mehr geprägt war von starken Regiepersönlichkeiten als von großen Gesangsleistungen. Dessen Gründer Walter Felsenstein setzte seinerzeit weltweit neue Standards für die Opernregie. Sein Credo lautete: „Musik, die nicht aus dem dargestellten Vorgang wächst, hat nichts mit Theater zu tun, und eine Darstellung, die sich nicht präzise und künstlerisch gültig mit der Musik identifiziert, sollte besser auf Musik verzichten“. 


Der kurze Ausschnitt aus der „Fledermaus“, die Felsenstein zur Eröffnung des Hauses, am 23. Dezember 1947 - mit Protektion von russischer Seite - herausbrachte, inmitten des kriegszerstörten Berlin, sprach für sich. Doch heute ist „höchste Qualität“ längst nicht mehr selbstverständlich an der Komische Oper, auch wenn eine der „Chorsolistinnen“ und eine langjährige Inspizientin Künstler, Arbeitsprinzipien und Produktionen des Hauses über den Klee lobten in dieser Gala, die auf der Bühne viel Film zeigte, aber wenig tatsächliche Bühnenaktion.


Filmregisseur Axel Ranisch hat diese Jubiläums-Gala inszeniert, recht willkürlich in der Wahl der wenigen Live-Szenen auf der Bühne (die Hendrik Vestmann ziemlich hemdsärmelig dirigierte), zwischen Ton- und Bilddokumenten aus der 75-jährigen Geschichte des Hauses: Ein bisschen Johann Straus, ein Häppchen Janacek (Chor der Fuchskinder), etwas Offenbach, ein Jerry Bock, ein deplatzierter Mozart, eine Prokofiev-Szene und Oscar Strauss wurden geboten. Sänger wie Nadja Mchantaf, Günter Papendell, Stefan Kurt, Max Hopp und andere traten auf. Für den umjubelten Höhepunkt des Abends sorgte die nicht eben begnadet singende Schauspielerin Dagmar Manzel als (Oscar Straussens) Kleopatra im Format einer Berliner Kodderschnauze.


Die heutigen Ko-Intendanten Susanne Moser und Philip Bröking, aber auch die Ehemaligen wie Andreas Homoki, Harry Kupfer, Barrie Kosky, auch ein Sohn Walther Felsensteins, und  Politiker wie Klaus Wowereit, Thomas Flierl und andere mehr schwärmten, warben, verklärten und orakelten (auf Video) angesichts der Vergangenheit wie Zukunft des Hauses in einem zu errichtenden Neubau, dessen Kosten inzwischen auf 437 Millionen Euro angewachsen ist. Ab Juni 2023 werde man erst Mal im Schiller-Theater spielen und in Außenspielorten. Dann werde man weitersehen.

 

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