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Horst Stein biederte sich nirgends an, weder bei den Interpreten, so berühmt sie auch sein mochten, noch beim Publikum.
Er verlangte Ton für Ton musikalische Gefolgschaft. Ihm ging es um Präzision und Genauigkeit. Die forderte er auch von Sängern und Musikern. Das machte ihn durchaus nicht populär. Horst Stein war kein eingängiger Charakter. Eher war er unerbittlich und kompromisslos in der Sache Musik. Ein großer Dirigent!
Nachruf auf Horst Stein
Charakterkopf statt Showmaker!
Worauf es ihm ankam, war, schlicht und einfach: „Musikmachen“
Horst Stein, der ehemalige Bayreuther Festspieldirigent und langjährige Chefdirigent der Bam-berger Symphoniker, ist tot. Er starb am Sonntag 27. 07. 2008 im Alter von 80 Jahren in seinem Haus in Vandoeuvres im Kanton Genf.
Seine Erscheinung war von kauzig-knorzigerPrägnanz: Horst Stein war kein großer, charisma-tischer Maestro mit eleganter Zeichensprache, eher war er klein und gedrungen und er hatte einen Charakterkopf. Aber wenn er am Pult saß, war ein reibungsloser Ablauf auch der kompli-ziertesten Partitur garantiert. Stein zählte zu den handwerklich perfektesten, künstlerisch bedeutendsten und auch gefragtesten Dirigenten in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
Geboren wurde er als Horst Walter Stein am 2. Mai 1928 in Wuppertal Elberfeld als Sohn eines Mechanikers. Er besuchte das Musische Gymnasium in Frankfurt am Main, ein Internat mitsamt Chor und Orchester, in dem er Klavier spielen lernte, aber auch Oboe, Schlagzeug und Gesang.
"Wir haben bis zu den letzten Monaten des Krieges uns dort betätigen dürfen, wir wurden nicht Soldaten. Wer sich da nicht freiwillig gemeldet hat und nicht mitmachen wollte, der war sozu-sagen frei. Wir waren zuletzt in der Nähe von Ulm in einem riesigen Kloster untergebracht und haben da bis vier Wochen nach Ende des Krieges überlebt."
Nach dem Krieg studierte Horst Stein an der Kölner Musikhochschule bei Günter Wand Diri-gieren und bei Philipp Jarnach Komposition. Seine musikalische Karriere begann 1947 als Kor-repetitor an den Städtischen Bühnen Wuppertal, wo er bis 1951 blieb. Dort lernte er sein Hand-werk von der Pike auf. Günter Rennert verpflichtete ihn an die Hamburgische Staatsoper, wo er korrepitierte, aber schnell auch dirigierte. Schon ein Jahr später assistierte e bei Joseph Keil-berth, Hans Knappertsbusch, Clemens Krauss und Herbert von Karajan in Bayreuth.
"Ich habe mit vielen Sängern gearbeitet, ich habe die ganzen Ensembleproben gespielt und war vor allem Assistent bei Knappertsbusch, ich habe die Glocken geschmissen in seinem `Parsifal`, und habe sehr viel gearbeitet und gelernt. Wichtig war für mich, dass ich mit vielen Sängern ar-beiten konnte, vor allem mit der Martha Mödl, die hat ihre Partien ja auch in Hamburg mit mir gelernt, oder ich hab sie auf der Martha gelernt, so kann man das auch nennen."
Von 1969 an dirigierte Horst Stein selbst in Bayreuth und brach als Erster den Rekord von Hans Knappertsbusch. 138 Mal waltete Stein im „mystischen Abgrund“ des Festspielhauses. Über Hamburg kam Horst Stein schon 1955 – mit 27- an die Staatsoper Unter den Linden, Erich Kleiber hatte ihn dorthin verpflichtet. 1961 holte ihn Rolf Liebermann für 2 Jahre an die Ham-burgische Staatsoper als stellvertretenden Generalmusikdirektors. Daran anschließend ging er von 1963 bis 1970 als Generalmusikdirektor und Operndirektor an das Nationaltheater Mann-heim. Parallel dazu war er von 1969 bis 1971 erster Dirigent der Wiener Staatsoper, wo er mehr als 500 Aufführungen leitete. - Ob „Don Giovanni“ oder „Die Walküre“, ob „Elektra“ oder „Wozzeck“, Horst Stein beherrschte das Opernrepertoire wie seine Westentasche. Seine Band-breite war enorm. Aber er triumphierte auch im Konzertsaal. Unvergesslich ist vor allem, wie er ein schwieriges, und selten gespieltes Stück wie Franz Schmidts „Buch mit sieben Siegeln“, für das er sich ein Leben lang engagierte, zu überwältigender Wirkung zu steigern wusste.
Von 1972 bis 1977 war Horst Stein wieder in Hamburg, diesmal als Generalmusikdirektor. In den 1970er Jahren gastierte er zudem an allen großen Opern- und Konzerthäusern der Welt. An der Hamburger Musikhochschule leitete er als Professor ein Kapellmeisterklasse und bildete junge Dirigenten aus. Sie hat er immer wieder daran erinnert:
"Wir haben das Zeug noch mit dem Klavierauszug und mit der Partitur gelernt, denn Platten gab´s doch kaum."
Horst Stein war neben seinen Opernverpflichtungen in Hamburg und an der Wiener Staatsoper auch Chef von bedeutenden Konzertorchestern, so des Orchestre de la Suisse Romande in Genf, der Allgemeinen Musikgesellschaft in Basel und der Bamberger Symphoniker, mit denen er über 500 Auftritte absolvierte.
Horst Stein wollte übrigens schon als Kind Dirigent werden? Auf die Frage, warum er nicht beispielsweise Pianist werden wollte, den er war ein aussergewöhnlicher Pianist, der jede Par-titur vom Blatt spielen konnte, antwortete er kurz und bündig: "Da hätt ich ja üben müssen!"
Horst Stein biederte sich nirgends an, weder bei den Interpreten, so berühmt sie auch sein moch-ten, noch beim Publikum. Er verlangteTon für Ton musikalische Gefolgschaft. Ihm ging es um Präzision und Genauigkeit. Die forderte er auch von Sängern und Musikern. Das machte ihn durchaus nicht populär. Horst Stein war kein eingängiger Charakter. Eher war er unerbittlich und kompromisslos in der Sache Musik. Gerade deshalb war er ein ghroßer Dirigetn!
Er war auch kein Showmaker, wie es heute von Dirigenten gefordert wird, er flunkerte nicht und machte sich auch nicht interessant. Das überzeugte im Karajan-Zeitalter freilich nicht jeden. Das interessanteste, und worauf es ihm ankam, war, schlicht und einfach: „Musikmachen“
Horst Stein hat eine Vielzahl von Schallplatten produziert. Er hatte eine Vorliebe für die Ro-mantik und Spätromantik. Seine Wagneraufnahmen gehören zu den Besten überhaupt. Und keiner wie Horst Stein hat sich auf CD so stark gemacht für den Komponisten Max Reger, dessen gesamtes Orchesterwerk er einspielte. -
Am vergangenen Sonntag starb Horst Stein, Ehrenmitglied der Wiener Staatsoper und Ehrendirigent des NHK-Orchesters von Tokio, im Alter von 80 Jahren in seinem Haus in der Schweiz. Sein Leiden war lang, doch durfte er, wie es hieß, zuletzt „friedlich einschlafen“.
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