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Reformationstag
Martin Luther und die durch ihn ausgelöste Reformation hat nicht nur das westliche Christentum gespalten und für eine nachhaltige Veränderung der Kirchengeschichte gesorgt.
Zur Erinnerung Der Reformationstag wird von evangelischen Christen in Deutschland und Österreich am 31. Oktober im Gedenken an den Beginn der Reformation der Kirche durch Martin Luther im Jahr 1517 gefeiert. Der Mönch und Theologieprofessor Martin Luther soll am Abend vor Allerheiligen 1517 an die Tür der Schlosskirche zu Wittenberg 95 kirchenkritische Thesen in lateinischer Sprache zu Ablass und Buße angeschlagen haben, die für Aufsehen in der Kirche sorgten. Er leitete damit die Reformation der Kirche ein. Im Kern bestritt er die herrschende Ansicht, dass eine Erlösung von der Sünde durch einen Ablass in Form einer Geldzahlung möglich sei.
Luther hatte seine Thesen in Briefform mehreren geistlichen Würdenträgern und Bischöfen des Reiches zugesandt. Als die Bischöfe nicht reagierten, soll er die 95 Thesen an die Schlosskirche Wittenbergs angeschlagen haben. Ob der Thesenanschlag tatsächlich stattgefunden hat, ist jedoch nicht zweifelsfrei erwiesen und wird kontrovers diskutiert. Der Kirchenhistoriker Thomas Kaufmann hält Luthers Schrift An den christlichen Adel deutscher Nation (1520) ohnehin für wesentlich wichtiger als die Thesen.
Bereits im Reformationsjahrhundert finden sich vereinzelte Jahresfeiern. Zur Säkularfeier 1617 wurde in den meisten lutherischen und reformierten Gebieten des Thesenanschlags gedacht. Kurfürst Johann GeorgII. von Sachsen setzte ab 1667 den 31.Oktober als Gedächtnistermin für alle Protestanten einheitlich fest und stellte damit die Verbindung zum legendären Thesenanschlag Luthers an der Wittenberger Schlosskirche her.
Aber nicht nur die Kirchengeschichte, auch die Musikgeschichte wurde durch die Reformation verändert.
Wohl kein anderer Komponist ist so eng mit Martin Luther verbunden wie Johann Sebastian Bach. In seinem Kantatenwerk hat er unzählige Lieder des Augustinermönchs vertont, der am Ende des Mittelalters und am Beginn der Neuzeit die religiöse wie musikalische Welt mit seiner Reformation erschütterte, die mehr Gerechtigkeit im Glauben und in der Kirche wollte, keine bevormundeten, sondern mündige Mitglieder einer christlichen Glaubensgemeinschaft, der die Musik Halt und Heimat bieten sollte. Denn, so Luther, "Die Musik ist aller Bewegung des Herzens eine Regiererin. Nichts auf Erden ist kräftiger, die Traurigen fröhlich, die Fröhlichen traurig ... zu machen, denn die Musik." Luther wurde nicht ohne Grund die Wittenberger Nachtigall“ genannt.
Martin Luther, der erst die Magdeburger Domschule, dann die Pfarrschule St. Georg in Eisenach und schließlich die Universität in Erfurt absolvierte, war mit Musikpraxis und –Theorie seiner Zeit, der Zeit um 1500, also vor allem dem Gregorianischen Choral im Bereich der Kirchenmusik bestens vertraut. Als er 1517 seine 95 Thesen an die Tür der Wittenberger Schlosskirche schlug, hat er nicht nur die bestehende römisch-katholische Weltordnung aus den Angeln gehoben er hat auch die Musikgeschichte beeinflusst, indem er eine ganz eigene protestantische Tradition der Kirchenmusik begründete. Der deutschsprachige Gemeindegesang ist seither ein wichtiger Teil des Gottesdienstes. Die aktive Teilhabe Aller an der Musik, das gemeinsame Singen und Musizieren, ist eine der Errungenschaften der Reformation.
Martin Luther bekannte: „Ich halte gänzlich dafür, dass nach der Theologie keine Kunst ist, die mit der Musica kann verglichen werden.“ Der Reformator griff selbst gern zur Laute und ließ seine Tenorstimme erklingen, sowohl zum Lobe des Herrn als auch zur „Recreation des Gemüts“ in geselliger Runde. Er dichtete viele Lieder. Luther betrachtete die Musik als „ein Geschenk Gottes; sie vertreibt den Teufel und macht die Menschen fröhlich“. Und er pochte darauf: „die jugent, die...sol und mus in der Musica ... erzogen werden“. Der protestantische Kantor hatte dafür Sorge zu tragen. Einer der berühmtesten war Johann Walther. Er war Kantor in Torgau, später Hofkapellmeister und Hofkantor im protestantischen Dresden, er hat viele Luther-Lieder vertont und er hat das erste evangelische Gesangbuch herausgegeben.
Durch den gemeinsamen Gesang deutschsprachiger Kirchenlieder hat Luther den Gläubigen und im Gottesdienst eine Stimme gegeben. Gottesdienst wurde zum Dialog zwischen Priester und Gemeinde. Das gab es in der alten römisch-katholischen Liturgie so nicht. Der Choral wurde zum Symbol des protestantischen Glaubens, aber in den Bauernkriegen auch Kampflied der Freiheit. Wie sagte Luther: „Ein Christenmensch ist ein freier Herr über alle Dinge und niemand untertan“. Die Luthersche Utopie hat sich wesentlich musikalisch artikuliert.
In der „Historie von der Auferstehung Jesu Christi“ hat Heinrich Schütz, Sächsischer Hofkapellmeister, im Jahre 1623 die Errungenschaften der italienischen Musik auf den lutherischen Glauben angewendet. Er vertonte die Prosa der lutherischen Bibelübersetzung auf eine bis dahin nie dagewesene, menschlich berührende Art und machte so den Anfang einer reichen Tradition protestantischer Kirchenmusik.
Neben dem Orgelspiel und dem Gemeindechoral war es vor allem die Gattung der Kantate, die die protestantische Kirchenmusik nach Luther prägte. Bach ist das Paradebeispiel. Aber auch das protestantische Passions- oder Weihnachts-Oratorium, in Norddeutschland geprägt durch Kaiser, Mattheson und Telemann in Mitteldeutschland durch Carl Heinrich Graun in Dresden, Gottfried Heinrich Stölzel in Gotha, Christian Friedrich Rolle in Magdeburg und Johann Sebastian Bachs in Leipzig blühte auf. Der Einfluss des Protestantismus reichte sogar bis auf die Opernbühne, man denke nur an Giacomo Meyerbeers „Hugenotten“. Und noch 1832 hat Felix Mendelssohn-Bartholdy, der viele protestantische Choräle schrieb, mit seiner Symphonie Nr. 5 der Reformation und ihrem Urheber, Martin Luther gehuldigt.
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