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Fotos: DDS
U2 - Keller´s
Mannheim tickt ein bisschen anders als der Rest von Deutschland. Denn hier gibt es in der Innenstadt keine Straßennamen und die Häuser werden nach einem untypischen Prinzip bezeichnet. Mannheims Innenstadt ist in viereckigen Häuserblocks angeordnet. Deshalb wird sie von vielen auch „Quadratestadt“ genannt. Anstatt Straßennamen zu vergeben, verwendet die Stadt ein System aus Buchstaben und Zahlen. So ist jedem Häuserblock eine Zahl und ein Buchstabe zugewiesen. Mannheimer wohnen also in keiner Straße, sondern beispielsweise in „T3 5“ oder „D6 18“. Bei der Benennung der Blocks orientiert sich die Stadt in Baden-Württemberg an der Ausrichtung zum Barockschloss der Stadt. Gezählt wird gegen den Uhrzeigersinn.
Bereits mit der Stadtgründung wurde das für Mannheim charakteristische rechtwinklige Straßensystem angelegt. An der Stelle des Dorfes „Mannenheim“ ließ Kurfürst Friedrich IV. von niederländischen Baumeistern eine Planstadt entwerfen. Auch wenn geometrisch kaum zutreffend, werden die daraus entstehenden Baufelder als „Quadrate“ bezeichnet. Durch Zerstörungen und Wiederaufbau, durch Schlossbau und Innenstadterweiterungen gab es immer wieder Veränderungen von Grundriss und Bezeichnungen. Das heutige System mit Buchstabe und Zahl statt Straßennamen besteht seit 1811 und kennzeichnet die 144 Quadrate innerhalb des Hufeisens.
Die 144 Quadrate innerhalb des Hufeisens (außerhalb gibt es normale Straßennamen) wurden mit Buchstaben und Zahlen gekennzeichnet. Die Orientierung in der Quadratestadt verliert man deshalb leicht. Doch eigentlich ist es ganz einfach, sich in den Planquadraten zurecht zu finden, wenn man weiß wie diese nummeriert sind: Man stelle sich vor, man stehe vor dem Schloss und blickt auf die Innenstadt in Richtung Neckar. Die Innenstadt wird durch die „breite Straße“, in die Sie man hineinblickt, geteilt. Links dieser Straße befinden sich die Quadrat-Reihen A bis K, rechts davon die von L bis U.
U2 ist eine besondere Adresse. Dort befindet sich Keller´s Restaurant, einer der wichtigsten Orte der Stadt, wie ich finde und eines der wenigen authentischen Wirtshäuser mit original Pfälzer Küche (nicht nur) und exquisiten Pfälzer Weinen (nicht nur).
Seit 2004 führt die Familie Keller dieses hervorragende Weinrestaurant. Es liegt im Zentrum von Mannheim, direkt neben dem Herschelbad und der Mannheimer Abendakademie, am Herschelplatz. Nicht mehr viele Lokale wie dieses gibt es in Mannheim, wo man leider eher „Chinesen“, „Türken“ und „Araber“ oder falsche „Italiener“, die eigentlich „Araber“ sind und nur so zum als ob...
Insofern ist das rustikal und unprätentiös eingerichtete Keller’s ein Glücksfall an Restaurant, das pieksauber, bürgerlich gediegen, nicht oberhochmetzt daherkommt, zumal es mit außerordentlich schmackhafter und echter, ehrlicher Hausmannskost zu sehr moderaten Preisen daherkommt, und offene Weine anbietet, die eine pfälzische Offenbarung sind. Man könnte sich glücklich besaufen dort.
Das Personal ist fix, professionell und aufmerksam, allen voran Susi, das in die Jahre gekommene Faktotum des Lokals. Susi schaut zwar immer etwas griesgrämig, erweist sich aber, wenn man sie einmal für sich gewonnen und ihr seine Genussfreude offenbart hat, als kompetente, erfahrene, kenntnisreiche, zuverlässige und herzliche Bedienung, der man sich gerne anvertraut. Das Wohltuende am Keller´s ist die Abwesenheit jedweder Art von Gedudel. Keinerlei banale Musikbedröhnung, stattdessen ausschließlich das fröhlich-freudige Gebabbel der kulinarisch beglückten Gäste (zumeist in sympathischen „pfälzischem,“ melodiösem Tonfall der treuen ansässigen Stammkundschaft aller Altersstufen). Manchmal obwaltet auch „gefräßiges Schweigen“ (Thomas Mann), das für sich und für die kulinarische Qualität spricht, nur unterbrochen zuweilen von den lustvollen Schreien der vielen Kuckucksuhren, die an den Wänden hängen.
Man isst einfach sagenhaft gut im Keller´s mit seiner Weinstubenatmosphäre und man trinkt sich dort gern um den Verstand. Die Atmosphäre ist urgemütlich, der Chef ist meist gutgelaunt, man sitzt bequem.
Die Weinkarte, mit über 30 offenen Weinen und namhaften Weingütern, ist beeindruckend. Nicht weniger die gute deutsche Küche ...
Um nur ein paar Eindrücke zu geben: Besonders empfehlenswert sind Pfälzer Fleischknöpp mit Meerrettichsauce, Saumagen mit Sauerkraut und selbstgemachtem Kartoffelpüree, sehr üppig sind die Salate mit Rapunzeln oder mit Maultaschen, es gibt Flädlesuppe wie Leberknödel- oder Markklößchensuppe, gebratene Kalbsleber mit Zwiebeln, Äpfeln und Kartoffelpüree, Saure Nierchen mit Spätzle, aber auch Roastbeef mit Remoulade und Bratkartoffeln, Lyoner Wurstsalat und Rindfleischsalat, Räucherlachs mit Senf-Dill-Sause an Rösti, diverse Schnitzelvariationen und Rumpsteak sowie jahreszeitliche Speisen außerhalb der Karte, im Herbst beispielsweise Wild- und Pilzspezialitäten.
Und nun zu den Weinen: Die offenen Weine werden übrigens in Gläsern zu 0,25 Liter ausgeschenkt, also menschenfreundliche Schoppen!
Gegenwärtig gibt es als weißen Monatswein einen
2022er Nußdorfer Bischofskreuz
Gewürztraminer Kabinett trocken!
Weingut Karl Pfaffmann, Walsheim, Pfalz
Als roter Monatswein wird empfohlen:
2021er Domina Weinkellerei Martin Fischer, Wiesentheid, Franken
Für Rieslingfreunde empfiehlt sich
2022er Riesling Q.b.A.
Weingut Georg Mosbacher, Forst, Pfalz oder
2021er Durbacher Plauelrain Q.b.A.
Durbacher Winzergenossenschaft eG, Durbach, Baden
Halbtrockenes gibt es auch:
2022er Spätburgunder Weißherbst Q.b.A.
Durbacher Winzergenossenschaft eG, Durbach, Baden oder
2022er Dürkheimer Schenkenböhl,
Portugieser Rosé Q.b.A.
Vier Jahreszeiten Winzer eG, Bad Dürkheim, Pfalz
Natürlich im Repertoire:
2022er Grauer Burgunder Q.b.A.
Weingut Freiherr von Gleichenstein,
Oberrottweil im Kaiserstuhl, Baden
2022er Grauburgunder Q.b.A.
Weingut Herbert Meßmer, Burrweiler, Pfalz
Eine besondere Verführung ist der halbtrockene
2022er Gewürztraminer Q.b.A.
Vier Jahreszeiten Winzer eG, Bad Dürkheim, Pfalz
Auch zu empfehlen:
2022er Blanc de Noir Q.b.A.
Weingut Bühler, Kallstadt, Pfalz
Geradezu sensationell ist der rote Ahrwein, den man selten je bekommt:
2022er Dagernova Spätburgunder Q.b.A.
Dagernova Weinmanufaktur Ahr Winzer eG, Bad Neuenahr-Ahrweiler, Ahr
Gut ist der
2022er Dornfelder Q.b.A.
Vier Jahreszeiten Winzer eG, Bad Dürkheim, Pfalz
Aber auch der
2021er Portugieser, Rotwein Q.b.A.
Winzergenossenschaft Weinbiet eG,
Neustadt-Mußbach, Pfalz,
Etwas ganz Besonderes ist der
2021er Saint Laurent D.Q.
Vier Jahreszeiten Winzer eG, Bad Dürkheim, Pfalz
Dies ist nur eine kleine Auswahl, daneben gibt es noch viele regionale Tropfen und auch einige wenige italienische und französische Weine für die Skeptiker unter den Weintrinkern.
Für die Weinverächter (mir unverständlich, dass es die gibt) ist natürlich Bier vorhanden, u.a. ein Franziskaner Hefeweizen, Mayers Kellerbier und König Ludwig Weißbier. Alkoholfreies ist auch zu haben. Schnäpse zur Verdauung sind vorhanden und Obstbrände, aber nicht irgendwelche, sondern erlesene aus dem Elsas
Und ich wiederhole mich: Die Preise sind vergleichsweise sensationell niedrig!
Das Preis-Leistungsverhältnis beglückt!
Es gibt übrigens einen überdachten und beheizten Raucherbereich und im Sommer einen t von Blumen gesäumten Garten. Daneben gibt es für spezielle Wünsche, Feiern Geburtstage oder andere geschlossene Zusammenkünfte ein separates "Stübchen" für bis zu 14 Personen und den "hinteren Bereich" des Keller's für bis zu 40 Personen. Die Öffnungszeiten sind zwar eine Wissenschaft für sich (einzusehen auf der Homepage https://www.kellers-weinrestaurant.de/5/de/home). Gut besucht, um nicht zu sagen voll ist das Keller´s immer (also möglichst reservieren), aber der Besuch dieser typisch pfälzischen Wein-Wirtschaft (in der es freilich auch Badisches zu essen und zu trinken gibt) empfiehlt sich dringend.
Die (wegen der Einbahnstraßen und apokryphen Straßennummern) nicht einfache Anreise lohnt sich. Ich gehe, wenn ich in Mannheim bin, meist in Sachen Oper, immer und ausschließlich ins Keller´s!