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Fotos: DDS
Das "Ristorante da Mauro"
Ein Paradebeispiel gutbürgerlicher, fabelhafter Turiner Küche
Turin gilt für Viele als reine Industriestadt, denn früher diminierte hier der größte italienische Automobil-Hersteller Fiat. Viele der Fabrikanlagen in Turin wurden jedoch inzwischen stillgelegt und zahlreiche Arbeitsplätze in der Automobilindustrie abgebaut. Damals musste sich die Autostadt komplett neu erfinden. Aber das Industriegebiet liegt ohnehin außerhalb des historischen Stadtzentrums.
Fußballfans kennen die Stadt natürlich wegen „der alten Dame“, wie der Fußballclub Juventus Turin genannt wird, man erinnert sich auch an Turin als Austragungsort der Olympischen Winterspiele 2006.
Das war´s auch schon. Das Wissen über Turin hält sich in Grenzen. Turin steht bei den meisten Italienreisenden nicht auf der Wunschliste. Dabei hat die Stadt so viel zu bieten!
Die vom Barock geprägte Stadt wartet mit prachtvollen Palästen, repräsentativen Strassen und einem grandiosen Alpenpanorama aus, das am Ende aller gen Norden ausgerichteten Straßen überrascht. Und ist dabei weitaus weniger überlaufen als Mailand, Florenz oder Rom.
Turin ist die westlichste Großstadt in Norditalien, die Hauptstadt der Region Piemont. Schon die Römer unter Kaiser Augustus gründeten 28 v. Chr. die Kolonie Augusta Taurinorum. Aus ihr entstand das heutige Turin, auf Italienisch Torino. Turin war übrigens Italiens erste Hauptstadt. Bei der Vereinigung Italiens im Jahr 1861 spielte das Piemont die Vorreiterrolle. Zwischen 1861 und 1865 war Turin deshalb tatsächlich die erste Hauptstadt des (fast vereinigten) Königreichs Italien. Danach ging diese Rolle an Florenz über, bevor 1870 schließlich Rom Italiens Hauptstadt wurde. Mehrere Jahrhunderte lang war die Stadt Turin Sitz des Königshauses Savoyen und die Hauptstadt des gleichnamigen Königreichs. Dieser Epoche verdankt Turin seine prunkvolle Architektur und sein reiches kulturelles Erbe.
Es glänzt mit architektonischen Juwelen: Passagen, Palazzi, Museen, Theater, Parks und Plätzen und geradezu imperialen Straßen. Flaniermeilen wie Einkaufsstraßen gibt es zuhauf. Zu schweigen von der großartigen Schlossanlage des Palazzo Reale und der königlichen Gärten. Die prachtvolle Piazza San Carlo wird nur noch durch den Markusplatz in Venedig übertroffen. Ob das dortige Caffè Florian oder das Turiner Caffè San Carlo schöner ist oder nicht, sei dahingestellt, beide sind exorbitant, ja einzigartig. Und wo, bitte gibt es noch so eine Kopie des römischen Pantheons wie bei der Chiesa della Gran Madre di Dio auf der stadtauswärtigen Po-Seite, einschließlich kilometerlanger Sichtachse bis zum Palazzo Madama.
Das historische Wahrzeichen von Turin ist die Mole Antonelliana ist. Das Gebäude mit der markanten Kuppel wurde im 19. Jahrhundert vom Turiner Architekten Alessandro Antonelli entworfen. Ursprünglich sollte es eine Synagoge werden. Zum Zeitpunkt der Fertigstellung war die Mole Antonelliana mit ihren 167,5 Metern das zweithöchste begehbare Gebäude der Welt. 1953 stürzte der Turm bei einem Sturm ein und wurde später durch die heutige Eisenkonstruktion ersetzt. Das Gebäude beherbergt gleich zwei der beliebtesten Turin Sehenswürdigkeiten: Das Nationale Kinomuseum und die spektakulärste Aussichtsplattform Turins.
Für Gläubige aus aller Welt ist hingegen das Turiner Grabtuch die berühmteste Sehenswürdigkeit der Stadt. Das Leinentuch Christi ist eine der kostbarsten wie umstrittensten Reliquien des Christentums. Es soll die Abbildung Jesu Christis zeigen, als er darin im Grab eingewickelt war.
Nicht zu vergessen: Um 1800 hatte Turin dank seiner exzellenten Küche in ganz Europa den Ruf als „Hauptstadt des Genusses“. Bis heute ist das Piemont mit seiner Hauptstadt ein Paradies für Feinschmecker. Turin ist nicht nur eine schöne Stadt, sondern noch immer eine Stadt der guten Küche. Und die Preise sind in Turin durchweg moderater als andernorts. Auch ist der Tourismus wesentlich zurückhaltender als in anderen Städten Italiens.
Apropos: Das „Ristorante Da Mauro ist nicht weit vom ägyptischen Museum (immerhin das zweitgrößte Ägyptische Museum der Welt) und der Piazza San Carlo entfernt. Es befindet sich in der Via Maria Vittoria 21, inmitten der herrlichen Altstadt von Turin.
Es gibt viele gute, sehr gute, hochdekorierte Lokale in Turin. Eines der unspektakulären, aber eben doch spektakulären Restaurants ist das „Da Mauro“, ein altes gutbürgerliches, einfaches Restaurant mit traditioneller Küche, allerdings ist sie fabelhaft.
Dabei sind die Preise so niedrig, wie man ihnen weiter südlich in Italien nicht begegnet. Das Hauptgericht kostet zwischen 13 und 23 Euro, Fleischgerichte kosten zwischen 7 und 14 Euro, Fisch zwischen 14 und 23 Euro, Beilagen, Käse und Dolci zwischen 6 und 7 Euro. Auch das Weinangebot ist reichhaltig und extrem preiswert. Zwischen 16 und 39 bzw. 45 Euro (lediglich für einen Barbaresco und einen Barolo) kosten die Flaschen, das Gros der Weine liegt bei 20 - 22 Euro. Die Weiß- und Schaumweine liegen sogar unter 20 Euro. Das ist nicht vergleichbar mit Weinpreisen in anderen „Genussregionen“ Italiens, zu schweigen von Deutschlands Gastronomie, wo die Weine meist überteuert sind.
Woran ich mich mit besonderer Leidenschaft erinnere ist der ganz vorzügliche, makellose Prosciutto con Melone, der Räucherlachs zu Crostini, das Risotto mit Pecorino und Trevisana, vor allem aber das gebratene Filetto mit hauchdünn geschnittenen und gerösteten Artischocken (unvergleichlich) und die Scaloppine mit Steinpilzen.
Diese Köstlichkeiten allein lohnen den Besuch des blumigen, etwas plüschigen, aber äußerst sympathischen Restaurants, das keine Mode mitgemacht zu haben scheint und allen Zeitgeist ignoriert. Sein Personal ist äußerst zuvorkommend und aufmerksam. Man wird perfekt bedient. Charmant ist die betagte Signorina, die ihre Honneurs macht. Ihr Gatte, der Padrone, saß unübersehbar in seiner Fülle stets an der Kasse (an der er gelegentlich einschlief) und nahm das Geld entgegen. Vor ein paar Jahren ist er bedauerlicherweise gestorben.
Aber seine Frau hütet das Erbe der kulinarischen Tradition und hält das Niveau. Noch.