Grauns Monzezuma In Berlin und Bayreuth

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Friedrichs II. Aztekendrama im Garten seines "Sanssouci"


Carl Heinrich Grauns und Friedrichs II. "Montezuma"         
Eine Produktin der Deutschen Oper Berlin im Markgräflichen Opernhaus Bayreuth 
ARTHAUS DVD 101629

  

„Mit diesem Montezuma ist ein kleines Juwel der Vergessenheit entrissen worden“, so jubelte die Frankfurter Allgemeine Zeitung, als die Oper "Montezuma" 1981 von der Deutschen Oper Berlin ausgegraben wurde. Die derzeitige Ausstellung, „Friedrichs Montezuma. Macht und Sinne in der Preußischen Hofoper“, im Berliner Musikinstrumenten-Museum ist dem Werk gewidmet, dessen Libretto immerhin aus der Feder keines Geringeren als Friedrichs des Großen stammt. Jetzt, im Friedrich-Jahr, ist die gefeierte Produktion des Regisseurs Herbert Wernicke endlich als DVD auf den Markt gekommen. Sie wurde verfilmt 1982 im Markgräflichen Opernhaus in Bayreuth, das gerade zum UNESCO-Welterbe erklärt wurde. Ein dreifacher Anlass also, diese DVD, die beim Label Arthaus erschienen ist, vorzustellen.

  

Der Montezuma-Stoff war einer der auf der Opernbühne meistvertonten vom 17. Jahrhundert bis ins 20ste.  Die Liste der Montezuma-Opern ist lang, sie reicht von Purcell über Vivaldi,  Galuppi, Paisiello, Spontini und Malipiero bis hin zu Roger Sessions "Montezuma"-Oper im Jahre 1965. Auch Friedrich der Große, dessen 300stem Geburtstag in diesem Jahr gedacht wird, hat das Libretto zu einer "Montezuma"-Oper geschrieben.

 

1755 wurde Friedrichs Oper „Montezuma“ mit der Musik von Hofkapellmeister Carl Hein­rich Graun in Berlin uraufgeführt. Bis 1771 stand sie zwölfmal auf dem Spielplan. Dann ver­schwand sie in den Notenarchiven. Erst im Preußenjahr 1981 wurde sie von Regisseur Her­bert Wernicke für die Deutsche Oper Berlin wieder ausgegraben als Koproduktion mit den Berliner Festspielen.

Im Mittelpunkt der Oper steht Montezuma, der Kaiser der Azteken, der für seine Gast­freund-schaft bitter bestraft wird. Die Milde und Aufopferungsbereitschaft Montezumas für sein Volk führt dazu, dass die spanischen Konquistadoren ihn ermor-den und das Land ausplündern. Friedrich der Große schrieb das Libretto wohl, um sich den Anschein eines aufgeklärten Monar-chen zu geben, der Sympathie mit den "edlen Wilden" hat und Kolonialismus verabscheut. Gleichwohl zog er ein Jahr nach der Uraufführung in den Siebenjährigen Krieg.

 

Dass die Deutsche Oper Berlin die Oper "Montezuma" 1981 aufführte, war mit einem großen Risiko verbunden, denn es war weder ein besonderes Publikumsinteresse erkennbar, noch gab es eine verlässliche Aufführungstradition. Da man für die Auf-führung kein spezielles Ensemble für Alte Musik zur Verfügung hatte, spielte das Orchester der Deutschen Oper Berlin unter der musi-kalischen Leitung von Hans Hilsdorf, dem langjährigen Leiter der Berliner Singakademie eine eigens von ihm erar-beitete Fassung der Oper auf modernen Instrumenten, noch fern  der soge-nannten "historischen Aufführungspraxis", die damals gerade erst ihren Siegeszug antrat.

Die Sänger dieser Produktion sind keine Stars. Sie stammen nahezu allesamt aus dem Ensemble der Deutschen Oper Berlin und bezeugen seinen damals hohen Standard. Es wird exquisit ge-sungen. Ton und Bildqualität dieser Gemeinschaftsproduktion von BR und SFB im Mono-Sound sind allerdings eher bescheiden. Aber als Dokumentation einer theater-geschichtlich herausra-genden Aufführung aus Zeiten vor der Wiederentdeckung von Barockoper akzeptabel.

 

Wernickes Inszenierung von Friedrichs "Montezuma", die die Deutsche Oper im eher intimen Berliner Hebbeltheater zeigte, schien wie gemacht für eine Aufführung im Opernhaus der Lieb-lings-Schwester Friedrichs des Großen, die mit dem Mark-grafen von Bayreuth verheiratet wurde und dort in den Jahren 1746 bis 1750 ihr Opernhaus erbaute, das bis heute im Innern vollständig erhalten ist.  Eines der schönsten Barocktheater Europas.


Die Handlung der in Mexico spielenden, aber am Hofe Friedrichs des Großen gezeigten Oper "Montezuma" wird auf einge-blendeten Texten erläutert, denn Herbert Wernicke hat das Stück nach Sanssouci verlegt, ins barocke Gartenreich Friedrichs, was die Gleichsetzung von Monte-zuma und Friedrich II. ins Bild setzen sollte. Herbert Wernickes schöne Inszenierung bzw ihre Verfilmung bietet beste Gelegenheit, sowohl das Gartenreich von Sanssouci als auch das thea-terarchitektonische Bayreuther Barock-Juwel in seiner ganzen Pracht in Augenschein zu nehmen.


 

Beitrag in MDR Figaro

 


Photo: Joachim Bunz ©  Bayerische Schlösserverwaltung