Pfingsten

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“Der Glaube lebt / Die Taube schwebt" oder

Pfingsten in Brauchtum und in Musik

 

Das Wort "Pfingsten" entstand aus dem griechischen Wort "Pentecoste", der fünfzigste (Tag), denn das erste Pfingstfest wurde laut Apostelgeschichte am "Fest der (Wei­zen-) Ernte", fünfzig Tage nach dem österlichen Paschafest gefeiert. Durch den variablen Os­tertermin variiert auch Pfingsten kalendarisch.


Pfingsten ist das Fest des Heiligen Geistes. Nach Weihnachten und Ostern ist es das dritte Hauptfest der Kirche. Gefeiert wird die Sendung des Heiligen Geistes, wie sie in der  Apostelgeschichte des Neuen Testamentes beschrieben ist. Der Heilige Geist erfüllt die Jüngerinnen und Jünger Jesu mit lebendigem Glauben und befähigt sie, diesen auch anderen Menschen zu verkündigen. Die Apostel, allen voran Petrus und Paulus, setzen das in die Tat um. Die christliche Botschaft verbreitet sich im Mittelmeerraum und schließlich um die ganze Welt, immer neue Gemeinden werden gegründet. Daher gilt Pfingsten auch als der „Geburtstag der Kirche“. Durch den Heiligen Geist schließt Gott einen „neuen Bund“ mit den Menschen, so wie er sich einst mit dem Volk Israel durch die Zehn Gebote verbunden hat. Pfingsten bedeutet deshalb für die Christenheit auch Versöhnung und neue Gemeinschaft.


„Feurige Zungen, Flammen der Liebe, heiliges Feuer“ – das sind Bilder, die einem immer wie­der begegnen, wenn von Pfingsten die Rede ist. Bilder, die die unbegreifliche biblische Szene von der Ausschüttung des heiligen Geistes greifbar machen wollen. „O ewiges Feuer“ heißt denn auch eine von Bachs Pfingstkanten, die das Feuer des Glaubens und der Liebe besingt, und das die Herzen entzünden soll.

 

Vom wärmenden, aber auch verzehrenden Feuer geht seit je eine besondere, eine elementare Faszination aus, der sich die Religionen, aber auch Komponisten wie Publikum, Priester und Gemeinde nicht entziehen können. Kein Wunder also, dass es in vielen Pfingstmusiken eine besondere Rolle spielt – zumal in der Barock-Zeit, in der die Sprache und die Musik kaum bildhaft genug sein konn­ten.  Freilich, am lautmalerischsten züngeln und lodern die Flammen des Pfingstfeuers bei Richard Wagner. In seinem „Liebesmahl der Apostel“, eine Art mu­sikalisches Pas­sionsspiel, das er 1843 mit einem Chor von 1200 Sängern in der Dresdner Frauenkirche auf­führte, hat er das Pfingster­eignis quasi als große Opernszene inszeniert. Die verwirrten Apostel erfle­hen den Hl. Geist, bis plötzlich und unerwartet ein unsichtbares Orchester das Heranbrau­sen und die Ausgießung des Hl. Geistes hörbar werden lässt.

 

Was bei Wagner nur noch Theater, war seit dem 9. Jahrhundert wesentlicher Teil christlichen Glaubens: Im Pfingsthymnus „Veni creator spiritus“ (zu deutsch: "Komm, Schöpfer Geist") bittet die gläubige Gemeinde de heiligen Geist um Beistand. Dem Kirchengelehrten Rabanus Maurus wird dieser Pfingsthymnus Text zugeschrieben, der sich durch die gesamte europäi­sche Musikgeschichte zieht.

 

Die erste, ursprünglich gregorianische Vertonung des Pfingsthymnus „Veni creator spiritus“ wurde aus dem Jahr 1000 in Kempten überliefert. Seither haben alle großen Kirchenkom­po­nisten ihn aufgegriffen. Erstmals hat Martin Luther den lateinischen altkirchlichen Hymnus ins Deutsche übersetzt: „Komm Heiliger Geist“. 1524 war es, als Luther sein „Geistliches Gesangbüchlein“ veröffentlicht. Die darin enthal­tenen 36 deutschen Lieder, wurden zu kirchengeschichtlichen Evergreens. Mehr als hundert Jahre später hat Heinrich Schütz am Dresdner Hof in seiner „Auf­er­stehungshistorie“ daran angeknüpft. Und noch im 19. Jahrhundert hat der überzeugte Protestant Felix Mendelssohn in seiner vorletzten Choralkantate bekannt: Wir glauben all an einen Gott:

 

Im süddeutsch-österreichischen, katholischen Kulturraum hat sich freilich der lateinische Pfingsthymnus weit über die Zeit der Reformation gehalten. Noch der 12-jährige Mozart entrichtete ihm 1768 im noch voraufklärerischen Wien seinen Tribut: Veni, sancte spiritus, KV 47.

 

Zum Symbol de Heiligen Geistes und damit auch für Pfingsten wurde im 6. Jahrhundert die Taube. Im Mittelalter war es Brauch, eine hölzerne Taube durch eine Öffnung der Kirchendecke (das Heiliggeistloch) herab zu lassen. Die Theatralik dieses Symbols hat Richard Wagner in seinem Weltabschiedswerk „Parsifal“ begeistert aufgegriffen. “Der Glaube lebt; Die Taube schwebt", heißt es da. Ob Wagner oder Mendelssohn, Max Reger oder Telemann, Berlioz, Carissimi oder Duruflé: Quer durch die europäische Musikgeschichte ziehen sich die Vertonungen der Pfingstbot­schaft von der Ausgießung des Hl. Geistes, und keineswegs nur in der Vokalmusik:

 

Johann Pachelbel, Hoforganist in Eisenach, später Organist an St. Sebald in seiner Ge­burts­stadt Nürnberg hat mit seinem Choralvorspiel „Komm heiliger Geist“ eine der vielen Orgel­vertonungen des Pfingsthymnus geschrieben, die sich bis ins 20. Jahrhundert hinein bei Orgelkomponisten großer Beliebtheit erfreuten. Aber Pfingsten war auch ein Thema für die Sinfoniker. Gustav Mahler tonte in seiner 1910 uraufgeführten achten Symphonie mit geradezu wilhelminischem Gigantismus den lateini­schen Pfingsttext schon zu Beginn des ersten Satzes, um ihn im zweiten mit der Schluss-Sze­ne aus Goethes Fausts II zu verbinden. 

 

Was bei Gustav Mahler als christlich-jüdisch-atheistisch universale, als quasi europäische Vi­sion der Hoffnungs­losigkeit am Vorabend des Erste Weltkrieges endet, hat natürlich mit der ur­sprünglichen, hoffnungs­vollen Pfingstbotschaft nichts mehr zu tun. Der Letzte, der ihr mit zeremoniösem Pomp noch ein tönendes Denkmal gesetzt hat, war Karol Szymanowski im Jahre 1930. Sein “Veni creator” ist ein Musikstück tief empfundener polnischer Religiö­sität.


Die Traditionen und das Brauchtum, welche die Bedeutung von Pfingsten in den christlichen Kirchen sinnlich erfahrbar machen, knüpfen-wie gesagt -  an das Symbol des Feuers an, da laut dem biblischen Bericht der Heilige Geist in Form von Flammenzungen auf die versammelten Jüngerinnen und Jünger herabkam. Die liturgische Farbe Rot stellt diesen Bezug zum Feuer her. Sie findet sich in Paramenten und Antependien sowie in den liturgischen Gewändern, vor allem in der katholischen Kirche. Bisweilen werden im Gottesdienst sogar rote Blütenblätter verstreut oder Luftballons eingesetzt.


Manchmal wird das Feuer auch direkt eingesetzt. So gibt es etwa im Rheinland Gottesdienste rund um ein Pfingstfeuer, die gerne auch in ökumenischer Gemeinschaft gefeiert werden. In katholischen Gemeinden im Salzburger Land werden brennende Wergflocken (Gewebefasern) durch das sogenannte „Heiliggeistloch“ an der Kirchendecke auf die Gemeinde gestreut.

In anderen katholischen Gegenden lässt man lebendige Tauben fliegen oder holzgeschnitzte Vögel werden herabgesenkt. Auch sie sind Symbole des Heiligen Geistes.


In manchen ländlichen Gegenden gibt es noch Prozessionen und Flurumgänge, verbunden mit dem traditionellen Wettersegen und der Bitte um eine gute Ernte. Als Zeichen für neues Leben und Fruchtbarkeit werden Kirchen, Häuser und Brunnen mit Blumen und grünen Zweigen geschmückt.

In der Pfingstgeschichte ruft der Apostel Petrus die Menschen in Jerusalem dazu auf, sich auf den Namen Jesu Christi taufen zu lasen.  Die Bedeutung von Pfingsten als Gründungs- oder „Geburtstag der Kirche“ macht es auch zu einem beliebten Tauftermin. Viele der in den letzten Jahren populären Tauffeste finden in der Zeit um Pfingsten statt. 

 

Pfingsten wird jeweils 50 Tage bzw. sieben Wochen nach Ostern und damit zehn Tage nach Himmelfahrt gefeiert. Das Fest zählt also zu den beweglichen Feiertagen und beschließt die österliche Festzeit. Wie die beiden anderen Hauptfeste der Kirche, Ostern und Weihnachten, wird auch Pfingsten „doppelt“ gefeiert, das Fest dauert zwei Tage lang. Der Pfingstmontag verlängert deutschlandweit die Festzeit und betont die besondere Wichtigkeit von Pfingsten.


Der Pfingstmontag ist in allen deutschen Bundesländern ein gesetzlicher Feiertag. In Baden-Württemberg wurde 1994 überlegt, anstelle des Buß- und Bettags den Pfingstmontag als gesetzlichen Feiertag abzuschaffen. 2005 forderten die Wirtschaftsverbände erneut seine Abschaffung. Kirchen, Gewerkschaften sowie alle Bundestagsparteien, mit Ausnahme der FDP, sprachen sich aber gegen den Vorschlag aus.