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Erinnerung an einen vielseitigen Komponisten
Schon im Vorfeld seines 100. Todestages hat die Deutsche Grammophon eine Humperdinck-Anthologie als Doppel-CD mit dem Titel “Erinnerung”, als Hommage (warum eigentlich englisch geschrieben?) an den Komponisten Engelbert Humperdinck veröffentlicht, dessen entwaffnende Innigkeit bis heute ihr Publikum hat. Die Zusammenstellung wirft vor allem ein Licht auf dessen viel zu wenig beachtete musikalische Vielseitigkeit. Der Schüler Ferdinand Hillers, Franz Lachners und Josef Rheinbergers war stark von Richard Wagner geprägt, dem er in Bayreuth assistierte und in vieler Hinsicht zur Hand ging. Wagner hielt große Stücke auf den Musiker Humperdinck. Schon damals schrieb Humperdinck (mit Billigung des Komponisten) mehrere Wagner-Arrangements. Eines dieser exquisiten Stücke ist das Vorspiel zu „Tristan und Isolde“ für Septett (2 Violinen, Viola, 2 Cellos, Kontrabass und Klavier“. Man hat es nie zuvor gehört. Eine beeindruckende Entdeckung!
Die wenig bekannte Kammermusik Humperdincks wird auch durch eine Neueinspielung des Streichquartetts in C-Dur gewürdigt, das 1920, ein Jahr vor Humperdincks Tod entstand und als „Abgesang auf die deutsche Romantik” verstanden werden darf. Dem ist das frühe, 1875 entstandene Klavierquartett in G-Dur gegenübergestellt. Beides solide Neueinspielungen mit dem Schumann-Quartett und dem Pianisten Hinrich Alpers. Hinrich Alpers spielte auch das namensgebende Stück des Albums “Erinnerung” als respektable Weltersteinspielung ein. Humperdinck schrieb das kurze Klavierstück, dessen Autograph erst vor kurzem entdeckt wurde, im Alter von 17 Jahren für das Poesiealbum seiner Schwester Ernestine.
Von Humperdincks 9 Schauspielmusiken sind immerhin Auszüge der in den beiden „Shakespeare-Suiten“ zusammengefassten Shakespeare-Schauspielmusiken zu hören, in der bewährten Einspielung der Bamberger Symphoniker unter Karl Anton Rickenbacher. Von seinen 15 Opern sind zumindest zwei (die bekanntesten und erfolgreichsten) in dieser Edition vertreten: Auszüge aus den Opern „Hänsel und Gretel“ in der brillanten und hochkarätig besetzten Aufnahme Georg Soltis (mit Brigitte Fassbaender und Lucia Popp in den Titelpartien ) und „Königskinder“ in einer im Juli 2005 mit dem Orchestre National de Montpellier Languedoc-Roussillon unter Armin Jordan entstandenen Liveproduktion, mit dem damals noch am Anfang seiner Karriere stehenden Jonas Kaufmann als Königssohn. Das reiche Liedschaffen Humperdincks ist mit seinem romantischen Liederzyklus “Junge Lieder” (nach der Sammlung “Trifolium” des Dichtes Moritz Leiffmann), der 1898 entstand, vertreten, daneben ist auch eine Auswahl von Kinder- und Weihnachtsliedern mit der makellosen Sopranistin Christina Landshamer für diese CD aufgenommen worden, begleitet vom Pianisten Hinrich Alpers. Alles in allem eine Anthologie, die das vorherrschende Bild Humperdincks als Komponist erfreulich erweitert.
Artikel auch in "Oper & Tanz"
Siehe meine Besprechung des neuen Humperdinck-Buches von Matthias Corvin