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Fotos DDS & Berliner Musikinstrumentenmuseim
Portrait von Johann Joachim Quantz aus dem Jahr 1735 von Johann Friedrich Gerhard, Bayerische Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen. Neues Schloss Bayreuth.
»Quantz ist der Gott der Musik« (Kronprinz Friedrich 1732 )
Johann Joachim Quantz
Musiker - Pädagoge – Instrumentenbauer
Ausstellung im Musikinstrumenten-Museum Berlin vom 8. 09. 2023 bis 11. 02. 2024
Johann Joachim Quantz hat die Flöte in Deutschland erstmals als Soloinstrument populär gemacht. Als einer der ersten Musiker hat er mit eigenen Kompositionen, seinem Musikinstrumentenbau, Überlegungen zur Musikästhetik sowie Reflexionen zur musikalischen Interpretation dem Instrument nie dagewesene Beachtung verschafft. Das Staatliche Institut für Musikforschung Preußischer Kulturbesitz hat aus Anlass des 250. Todestages (17. Juli 1773) Leben und Werk von Johann Joachim Quantz mit einer Sonderausausstellung im Musikinstrumenten-Museum Berlin gewürdigt.
Nicht zu veegessen: Der 1773 erschienene Nekrologin den „Berlinischen Nachrichten von Staats- und Gelehrten Sachen ehrte Johann Joachim Quantz als „einen der regelmässigsten, feurigsten und erhabensten Instrumental-Componisten jetziger, und den unstreitig grössten Flötenspieler aller bisherigen Zeiten“.
Christian Breternitz (am Museum zuständig für Blasinstrumente) hat als Kurator die kleine, aber sehr feine Ausstellung besorgt, die in der ersten Etage des so eigenwilligen wie transparenten Baus neben der Berliner Philharmonie gezeigt wird. Die Ausstellung ist ein Lese- und Augenvergnügen, das Intellekt und Sinnlichkeit gleichermaßen erfreut. Sie geht historisch vor:
Geboren wurde Johann Joachim Quantz als fünftes von sechs Kindern eines Hufschmieds in Oberscheden (im Kurfürstentum Hannover) und sollte eigentlich in die Fußstapfen seines Vaters treten. Nach dem frühen Tod der Eltern nahm sein Onkel Justus, Mitglied in der Stadtpfeifer-Kompanie in Merseburg, den Jungen zu sich, und ließ ihm eine mehrjährige musikalische Ausbildung zuteilwerden, die ihn befähigte, schon bald alle für die Zunft erforderlichen Instrumente, insbesondere Violine, Oboe und Trompete zu spielen (typische Instrumente der Stadtpfeifer sind in einer der 13 Vitrinen der Ausstellung zu sehen).
In Radeberg und Pirna versah Quantz bereits ab 1714 Stadtpfeiferdienst. Stadtmusikus Gottfried Heyne holte ihn 1716 nach Dresden. Eine Reise nach Schlesien, Mähren und Wien erweiterte seinen Horizont, er lernte Jan Dismas Zelenka kennen und erhielt von ihm „einen ziemlichen Begriff von den Gesetzen des Contrapuncts“. Dann wurde er als Oboist in die neugegründete Polnische Kapelle aufgenommen. Damit hatte er den Schritt vom Stadtpfeifer zum Orchester-Musiker geschafft. Sein Drang nach Neuem richtete sich auf die Traversflöte, weshalb er vier Monate lang bei G.P. Buffardin (dem ersten Flötisten der Dresdner Hofkapelle) Unterricht nahm.
Eine Flöte Buffardins, die sich noch deutlich unterscheidet von der späteren Quantz-Flöte, ist - wie andere Flöten der Zeit - in der Ausstellung zu sehen, Quantz lernte J.G.Pisendel kennen, um bei ihm „die Aufführung der Musik überhaupt“ zu studieren. (Eine sehr schöne Kreidezeichnung Pisendels von Heinrich Franke sieht man in der Ausstellung). 1723 trat Quantz mit Erlaubnis des sächsischen Königs eine dreijährige Reise an die ihn zunächst nach Rom führte, wo er F.G. Gasparini kennenlernte, bei dem ein halbes Jahr Unterricht nahm, dann reiste er weiter über Neapel nach Venedig. Er reiste weiter nach Paris, London und nach Holland. Er hatte sich mittlerweile „den Blick in die Welt frei gemacht und geweitet“, wie er bekannte. Zurückgekehrt nach Dresden, wurde er als Flötist in der Sächsischen Hofkapelle angestellt. Nach dem Tod Augusts des Starken wurde sein Gehalt auf stattliche 800 Taler heraufgesetzt, um den nunmehr namhaften Flötisten nicht an den preußischen Kronprinzen Friedrich zu verlieren, der beim Karneval 1728 in Dresden auf ihn aufmerksam geworden war und ihn mehrfach nach Berlin, Ruppin und Rheinsberg eingeladen hatte.
»Quantz ist der Gott der Musik« – so schwärmte Kronprinz Friedrich 1732 in einem Brief an seine Schwester Wilhelmine von Bayreuth. Schon kurz nach seiner Thronbesteigung unterbreitete Friedrich II. Quantz (1741) ein unwiderstehliches Angebot (in Höhe eines Jahresgehalts von 2000 Talern, das der Bezahlung des Hofkapellmeisters Graun gleich kam). Der sächsische Hof gab Quantz zähneknirschend frei. Als „Cammercompositeur“ und Lehrer des Königs war er (befreit vom Dienst in der Hofapelle) allein für das private Musizieren seines Dienstherrn zuständig, exklusiv, er trat alle kompositorischen Rechte an den König ab.
Quantz widmete sich neben seinem Dienst intensiv dem Flötenbau (eine Drechselbank zur Herstellung von Flöten, allerdings aus dem 19. Jahrhundert, ist in der Ausstellung zu sehen) und dem Schreiben von Konzerten und Sonaten für die privaten Abendmusiken des Königs.
Das berühmte Bild Adolph von Menzels, das ein solches Konzert phantasievoll aus Perspektive des 19. Jahrhunderts nachstellt, dominiert, vergrößert als farbenprächtiger Mittelpunkt und Hintergrund die Ausstellung. Bereits in Paris hatte Quantz sein Instrument durch eine zweite Klappe ergänzt (so dass nun Klappen für dis und es an der Traversflöte vorhanden sind), um die spieltechnischen Möglichkeiten zu erweitern, eine perfekte Intonation zu erreichen und ein neues Klangideal („dick, rund und männlich“) zu verwirklichen. Auch ein Kopfstück mit Stimmzug und Korkschraube zeichnet die Quantz-Flöte aus.
Friedrich II. schätzte Quantz‘ Instrumente sehr und erwarb elf von ihm selbst gebaute Flöten. Einige der Königlichen Föten, (schön gearbeitete Instrumente aus Buchsbaum, Ebenholz, Elfenbein und Silber) sowie die Grifftabelle des Monarchen können besichtigt werden.
Obwohl in exklusiven königlichen Diensten (er durfte die für den König bestimmten Kompositionen nicht veröffentlichen) wuchs die Popularität von Quantz enorm, nicht zuletzt durch seinen 1752 gedruckten „Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen“. Eine Instrumentalschule, aber auch eine ästhetische Bestandsaufnahme der Musik seiner Zeit (das Autograph kann man betrachten). Das Werk war Vorbild für nachfolgende Instrumentalschulen. Bis heute ist die noch im 19. Jahrhundert als Standardwerk anerkannte Schrift ein wertvolles Zeitdokument, wie viele Musiker bezeugen. Einige dieser Zeugnisse sind ausgestellt. Diese Wirkungsgeschichte ist ebenfalls Thema der Ausstellung.
Die facettenreiche Ausstellung macht die musikhistorische Bedeutung von Quantz (nicht nur für Berlin) anschaulich mit Lesetafeln, einem digitalen Museumsguide (mit Musik von Quantz), Videos, ausgestellten Autographen, (Briefen, Büchern und sonstigen Veröffentlichungen), mit historischen Instrumenten aus dem reichen Fundus des Museums, aber auch mit Graphiken und Gemälden. Zum Teil sind es selten zu sehende Leihgaben.
Ein umfangreiches Rahmenprogramm mit Führungen, einem wissenschaftlichen Symposion, Konzerten und Veranstaltungen für Kinder und Familien ergänzt die sehenswerte Ausstellung.
Rezension demnächst in „Das Orchester“ (Schott)