Musik-Theater & mehr
Photo: Privatbesitz von Dieter David Scholz / Widmungsexemplar von Christa Ludwig
Beitrag für SWR Baden Baden, "Musik Aktuell" am 14.3. 2003 zum
75. Geburtstag von Christa Ludwig
Produktion/Überspielung im ARD-Hauptsadtstudio Berlin, 13.3.2003, 9.45-10.45 Uhr
Anmoderation:
Sie war eine der führenden Sängerinnen ihres Fachs, stand fast ein halbes Jahrhundert auf der Bühne der Wiener Staatsoper, von der sie sich 1994 verabschiedete: die Mezzosopranistin Christa Ludwig. Übermorgen (16.3.) wird sie 75 Jahre alt. Ihren Geburtstag feiert sie im Kreise von Freunden gemeisam mit ihrem Ehemann, dem Regisseur und Schausspieler Paul Emile Deiber in ihrem Haus an der Côte d´Azur. Zu ihrem Geburstag ein Beitrag von Dieter David Scholz.
Beitrag beginnt mit Musik:
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CDR. Wagner:LC 00542, EMI 567037 2
Tr. 8Vorfahren bis 0´11Schmerzen, aus: Wesendonck-Lieder
Christa Ludwig, Philadelphia Orchestra
Ltg.: Otto Klemperer
Abblenden auf Handzeichen unter Text
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Sie hatte eine de schönsten Stimmen ohne Frage, und sie war eine der vielseitigsten Sängerinnen ihrer Gneeration, ihre Karriere erstreckte sich auf alle großen, um nicht zu agen ersten Bühnen der Neuen und der Alten Welt, sie war bei den internationalen Opernfestspielen ebenso gefragt wie auf den Podien der berühmten Konzerthäuser, sie hatte mit den großen Dirigenten gearbeitet, mit Otto Klemperer und Karl Böhm, Herbert von Karajan, Georg Solti und Leonard Bernstein, sie wurde umjubelt und feierte einen Triumph nach dem anderen. Und doch blieb sie immer ganz "normal", eine "Primadonna" ist sie nie geworden, auch wenn der ironische Titel ihrer 1994 erschienenen Autobiographie den Wunsch danach suggeriert.
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Band 10´36
"Ah... ja, das is mir viel zu viel Arbeit, ich bin ja von Hause aus faul ... furchtbare Anstrengung."
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Berufliche Anstrengungen hat Christa Ludwig allerdings nie gescheut. Schon mit Siebzehn trat sie ihr erstes Engagement in Gießen an. Nach Frankfurt, Darmstadt und Hannover wurde sie 1955 an der Wiener Staatsoper engagiert, und von dort aus eroberte sie die internationale Opernwelt, sowohl als Mozart-, wie als Verdi-, als Wagner- und als Richard Strauss-Sängerin, aber auch als gefragte Konzert- und Liedinterpretin. Als sie sich von 1994 an von der Opernbühne zurückzuziehen begann, noch im Vollbesitz ihrer Stimme, ist ihr – im Gegensatz zu ihrem Publikum - das Abschiednehmen nicht schwerer gefallen.
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Band 21´49
"Nein gar nicht...ich hab ja fast fünfzig Jahre gesungen ... Angst hinter mich gebracht ... stehen bleiben, nach vorn schauen ... man kann nicht mehr."
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CD 2V. Bellini:LC 00542, EMI 7630002
Tr. 11Norma, (Duett Adalgisa/Norma) Maria Callas, Christa Ludwig
Ausblenden auf Handzeichen unter Text! Orch. d. Mailänder Scala, Ltg.: Tullio Serafin
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Christa Ludwig, die gerade in der legendären Norma-Aufnahme mit Maria Callas ihre überragenden Qualitäten belcantohaft "schönen" Singens zum Ausdruck brachte, die aber auch als reife, charakterisierungsfähige Interpretin und raffinierte Sängerdarstellerin Eindruck machte, jeder der sie auf der Bühne erlebte, wird dies nie vergessen, Christa Ludwig hatte alles, was man von einer Sängerin verlangt und sie bekam es von zuhause mit: eine kerngesunde, große, schöne und ausdrucksfähige Stimme, die Chuzpe, sich schon sehr jung auf die Bühne zu stellen, enorme Bereitschaft zu Fließ, den festen Willen, keine Anstrengung zu scheuen, sich nie unterkriegen zu lassen, immer Neues zu wagen und auszuprobieren und sich zu nichts ihrer Stimme Abträglichem überreden zu lassen. Auch hatte sie Charisma und Witz, Humor und sie war und ist eine unkomplizierte, sampythische Zeitgenössin. Auch wenn sie Maria Callas wegen ihres Ausdrucks bewunderte, noch mehr allerdings Zinka Milanov wegen ihrer schönen Töne: ihre wichtigste Lehrerin war ihre eigene Mutter:
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Band 30´43
"Die war meine einzige Lehrerin ... Zweifel ob Sopran oder Altistin ... also blieb ich Mezzo-sopran...na ja, ich hab das genetisch mit in die Wiege gelegt bekommen ... Es war ganz selbst-verständlich, daß ich singe, ne."
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Christa Ludwig hatte nur sehr kurze Zeit Gesangsunterricht. Sie ist gleich ins kalte Wasser gesprungen und hat sich schon Anfang Zwanzig ein enormes Repertoire erarbeitet, mit dem sie, als sie Mitte Zwanzig an die Wiener Staatsoper kam und den Schritt in eine Weltkarriere wagte, reüssieren konnte. Jung mit dem Singen zu kommen, war für ihre Generation ein Pfund, mit dem man wuchern konnte. Das ist denn auch der Vorwurf, den die gewissenhafte und gefragte Gesangslehrerin Christa Ludwig heute in ihren Meisterklassen vielen Sängern und Gesangs¬pädagogen macht: vor lauter Theorie die Praxis zu vernachlässigen und zu spät mit dem Singen zu beginnen:
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Band 41´39
"Zu mir kommen oft Sängerinnen, die sind nicht mehr so jung ... meine Generation ... mit 27 Jahren ... (zählt alle auf) Wir waren alle viel jünger.... ich glaube, es wird zu bürgerlich ... verkehrte Sache... "verintellektualisiert" ... die Praxis ist immer noch das beste, jung an eine Oper, dann kann man nebenher noch lernen."
Eine der schönsten und vielseitigsten Mezzosopranstimmen
Zum 75. Geburtstag von Christa Ludwig 2003
Sie war eine der führenden Sängerinnen ihres Fachs, stand fast ein halbes Jahrhundert auf der Bühne der Wiener Staatsoper, von der sie sich 1994 verabschiedete: die Mezzosopranistin Christa Ludwig. Nun wird sie 75 Jahre alt. Ihren Geburtstag feiert sie im Kreise von Freunden gemeisam mit ihrem Ehemann, dem Regisseur und Schausspieler Paul Emile Deiber in ihrem Haus an der Côte d´Azur.
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Sie hatte eine der schönsten Stimmen ohne Frage, und sie war eine der vielseitigsten Sängerinnen ihrer Gneeration, ihre Karriere erstreckte sich auf alle großen, um nicht zu agen ersten Bühnen der Neuen und der Alten Welt, sie war bei den internationalen Opern-festspielen ebenso gefragt wie auf den Podien der berühmten Konzerthäuser, sie hatte mit den großen Dirigenten gearbeitet, mit Otto Klemperer und Karl Böhm, Herbert von Karajan, Georg Solti und Leonard Bernstein, sie wurde umjubelt und feierte einen Triumph nach dem anderen. Und doch blieb sie immer ganz "normal", eine "Primadonna" ist sie nie geworden, auch wenn der ironische Titel ihrer 1994 erschienenen Autobiographie den Wunsch danach suggeriert.
"Ah... ja, das is mir viel zu viel Arbeit, ich bin ja von Hause aus faul und eine Primadonna zu sein, das ist ja eine furchtbare Anstrengung."
Berufliche Anstrengungen hat Christa Ludwig allerdings nie gescheut. Schon mit Siebzehn trat sie ihr erstes Engagement in Gießen an. Nach Frankfurt, Darmstadt und Hannover wurde sie 1955 an der Wiener Staatsoper engagiert, und von dort aus eroberte sie die interna-tionale Opernwelt, sowohl als Mozart-, wie als Verdi-, als Wagner- und als Richard Strauss-Sängerin, aber auch als gefragte Konzert- und Liedinterpretin. Als sie sich von 1994 an von der Opernbühne zurückzuziehen begann, noch im Vollbesitz ihrer Stimme, ist ihr – im Gegensatz zu ihrem Publikum - das Abschiednehmen nicht schwerer gefallen.
"Nein gar nicht...ich hab ja fast fünfzig Jahre gesungen."
Christa Ludwig, die gerade in der legendären Norma-Aufnahme mit Maria Callas ihre überragenden Qualitäten belcantohaft "schönen" Singens zum Ausdruck brachte, die aber auch als reife, charakterisierungsfähige Interpretin und raffinierte Sängerdarstellerin Eindruck machte, jeder der sie auf der Bühne erlebte, wird dies nie vergessen, Christa Ludwig hatte alles, was man von einer Sängerin verlangt und sie bekam es von zuhause mit: Eine kerngesunde, große, schöne und ausdrucksfähige Stimme, die Chuzpe, sich schon sehr jung auf die Bühne zu stellen, enorme Bereitschaft zu Fleiß, den festen Willen, sich nie unterkriegen zu lassen, immer Neues zu wagen und auszu-probieren und sich zu nichts ihrer Stimme Abträglichem überreden zu lassen. Und sie hatte Charisma und Witz, Humor und war und ist eine unkomplizierte, sampythische Zeitgenössin. Auch wenn sie Maria Callas wegen ihres Ausdrucks bewunderte, noch mehr allerdings Zinka Milanov wegen ihrer schönen Töne. Ihre wichtigste Lehrerin war ihre eigene Mutter:
"Die war meine einzige Lehrerin. Na ja, ich hab das genetisch mit in die Wiege gelegt bekommen. Es war ganz selbstverständlich, daß ich singe."
Christa Ludwig hatte nur sehr kurze Zeit Gesangsunterricht. Sie ist gleich ins kalte Wasser gesprungen und hat sich schon Anfang Zwanzig ein enormes Repertoire erarbeitet, mit dem sie, als sie Mitte Zwanzig an die Wiener Staatsoper kam und den Schritt in eine Weltkarriere wagte, reüssieren konnte. Jung mit dem Singen zu kommen, war für ihre Generation ein Pfund, mit dem man wuchern konnte. Das ist denn auch der Vorwurf, den die gewissenhafte und gefragte Gesangslehrerin Christa Ludwig heute in ihren Meister-klassen vielen Sängern und Gesangspädagogen macht: Vor lauter Theorie die Praxis zu vernachlässigen und zu spät mit dem Singen zu beginnen:
"Zu mir kommen oft Sängerinnen, die sind nicht mehr so jung. In meiner Generation waren wir alle so jung! Heute ist man schon glücklich, wenn man mal einen Schüler hat, der 27 Jahre alt sit. Wir waren alle viel jünger. Ich glaube, das Singen wird zu bürgerlich, auch zu verintellektualisiert. Die Praxis ist immer noch das beste, jung an eine Oper gehen, repertoire lernen, dann kann man nebenher noch lernen."
Beitrag für SWR Baden Baden, "Musik Aktuell" am 14.3. 2003