Manfred Eger. Alle 5000 Jahre

Wichtige Dokumentation und Korrektur des Cosima-Bildes

Manfred Eger: "Alle 5000 Jahre glückt es“

Richard und Cosima Wagner. Zeugnisse einer außergewöhnlichen Verbindung

Hans Schneider Verlag, Tutzing 2010,160 S.

 

Wenige Stunden vor seinem Tod hat Richard Wagner seiner Gattin Cosima eines der überschwäng-lichsten Komplimente seines Lebens gemacht: „Alle 5000 Jahre glückt es“. Seit Veröffentlichung der Cosima-Tagbücher 1976 hat dieses Wagnerwort die Runde gemacht und für allerhand Verklärungen dieser zweifellos außergewöhnlichen, aber auch zwiespältigen Ehe gesorgt. Vier Tage bevor Wagner das Kompliment aussprach, das Cosima am 12. Februar 1883 in ihrem Tagebuch notierte,  schenkte ihr Wagner ein Notenblatt mit einer As-Dur-Elegie von geheimnisvoller, vielsagender Bedeutung, eine 13-taktige Komposition, mit der er seine einstige Liebe zu Mathilde Wagner kurz vor seinem Tod „gleichsam ad acta und Cosima zu Füßen legte“.  Ein intimes Dokument, das Manfred Eger verdienstvoll in seine Dokumentation integriert


Wäre der Briefwechsel zwischen Wagner und Cosima erhalten, ließe sich die so oft fasch dargestellte, schöngeredete Beziehung zwischen Wagner und Cosima genauer bestimmen. Doch Cosima selbst hat ihre gesamte umfangreiche Korrespondenz mit Richard dem Feuer übergeben lassen. Vollstreckerin war Tochter Eva. Zurecht schreibt Manfred Eger in seinem Buch, das auf früheren, längst vergriffenen Publikationen basiert, die Geschichte „dieses Autodafés grenzt ans Kriminalistische“. Er druckt diese Briefe ab. Ergänzt werden sie durch ein Register der Briefe und Zettel Richard Wagners sowie zahlreiche Abbildungen, ein Personenregister, Sachhinweise und eine Bibliographie.


Immerhin, Eva Wagner war so unfolgsam, dass 17 Briefe ihres Vaters und 3 weitere ihrer Mutter der Vernichtung entgangen sind. Und sie fertigte insgeheim Auszüge aus Briefen an. Alle erhaltenen Dokumente hat Manfred Eger, gemeinsam mit der As-Dur-Elegie, die Eva dem Dirigenten Arturo Toscanini 1931 geschenkt hatte, mustergültig kommentiert und gebündelt zu einer Art komprimierter Beziehungsgeschichte Wagner-Cosima. Nach Wally Toscaninis Tod galt die As-Dur-Elegie für verschollen, tauchte aber 1991 bei Sothebys in London auf und konnte schließlich erworben und ins Bayreuther Wahnfried-Archiv zurückgeführt werden.  Das Buch von Manfred korrigiert viele Missverständnisse und straft manche Vorurteile Lügen. Beispielsweise erfährt man deutlicher denn je, dass Hans von Bülow, der Liszt seine Karriere als Pianist und Dirigent zu verdanken hatte, Cosima nur heiratete, um seinem Mentor einen Gefallen zu tun und dessen Tochter standesgemäß unter die Haube zu bringen. Man erfährt aber auch, dass es wohl eher Cosima war, die Wagner verführte und dadurch Bülows Leben zerstörte.


Sie selbt bekannte sich schuldig. In ihrem Tagebuch notierte sie am 11. August 1870: "Keine Schuld fällt auf R.; ist eine Schuld da, so fällt sie einzig auf mich; wie ich dies zu sühnen habe, habe ich mit meinem Gott abzumachen. Richard aber ist unschuldig wie ein Kind."


Eger: "Das Bild Cosimas ist heute überschattet, auch die weitgehende Vernichtung ihrer Korrespondenz mit Richard Wagner, vor allem seiner eigenen Briefe, wirft kein strahlendes Licht auf sie." Eger bringt Licht in die Sache und wird konkret.Vor allem  zeigt er auf, wie sich Wagners Verhältnis zu Cosima nach und nach gewandelt hat vom Verführten, Betroffenen, Beunruhigten zum - wie auch immer - Liebenden. „Sein ganzes Leben ist ein Hieb über die Schnur“ schrieb der Komponist und Wagnerfreund Peter Cornelius am 28.10.1862 an seine Schwester Susanne. Cosima hat beinahe übermenschlich (dienend, unterwürfig, selbstverachtend) dafür gesorgt, dass diese Schnur nicht allzu früh riss.  Wagner war ihr dankbar.


Und man ist dankbar für dieses Buch von Manfred Eger.


Rezension auch in "Das Orchester"