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Die Sprache der Küche. Ein kulinarisches Lexikon
Hädecke Verla, 520 Seiten
„Für einen einzigen Apfel verscherzten sich unsere Urahnen seinerzeit das Paradies auf Erden. Die schöne Helena wiederholte das frivole Spielchen etliche Jahre später mit ihrem Galan, dem ebenso schönen Paris. Seitdem kreisen die Gedanken der Menschen hauptsächlich um zwei Themen, von denen das eine das Essen ist und deshalb ist die Esskultur wohl die älteste Kultur der Menschheit.“ Der das ge-schrieben, versteht wahrlich etwas davon, wovon er spricht. Es ist der Autor eines kulinarischen Lexikons, das mit Begeisterung und Lust, nicht nur mit Fachkenntnis „Die Sprache der Küche“ erläutert.
„Mit dem Biss Adams in den Apfel begann das Essen als symbolischer Akt der Erkenntnis und des Wissen und als Quelle der Neugier, auch in Küche und Keller.“ Denn den Hunger stillen ist ja nur die Voraussetzung des Genießens. Und die Geniesser haben längst eine Art Geheimsprache zur professionellen Verständigung eingeführt „Die Neigung vieler Köche, ihre Kreationen hinter exotischen Namen zu verstecken oder durch Anleihen aus dem Englischen, Französischen, Italienischen oder gar Chinesischen“ aufzupeppen, hat zu einem Tohuwabohu der gastronomischen Begriffe geführt. In dieses Wirrsal der Vokabeln, die Ausdruck der exotischen Bereicherung unserer globalisierten Tafelfreuden ist, hat Herbert Birle mit seinem Buch (das naturgemäß Lücken hat) etwas Ordnung gebracht.
„Sage mir, was Du isst, und ich sage Dir, was Du bist“ schrieb einstens der Küchenphilosoph Brillat-Savarin. Aber wer weiss heute noch, wer Brilliat-Savarin ist, was er isst, wenn auf der Speisekarte „Boula Boula“, „B´stilla“ oder „Kibbeh“ angeboten werden. Und was ist, Hand aufs Herz, ein „New England Boiled Dinner“? Worin besteht der Unterschied zwischen Klipp- und Stockfisch? Wie bereitet man einen Navarin mit Navets zu? Und nicht wenige fragen sich, was ihnen wohl ein Gericht „vert pré“ bescheren wird. Auch kann wirklich nicht jeder wissen, wann er mazerieren, lardieren, nappieren, saisiren, sautieren oder pochieren soll. Ratlosigkeit überfällt Einen, wenn man beim Einkaufen vor Mirin, Piripiri oder Pinga steht. Aber selbst Begriffe wie Peperoni sind vieldeutiger, als man denkt. Ob Kebab, Kefir oder Kefta, ob Bouillabaisse, Brandteig oder Bulette, ob Molekularküche, Mongolischer Feuertopf der Moorhuhn: Hädeckes Kuli-narisches Lexikon schafft schnelle, erste Klarheit. Und wer nicht ganz sicher ist, was eine Sauce Smetana von einer Sauce Tyrolienne, eine Sauce Kardinal von einer Sauce Bonne-Femme, eine Américaine von einer Allemande unterscheidet, der schlage nach in Birles Küchenlexikon.
Birles Küchenlexikon istein praktisches, handliches Buch, eine Fundgrube und ein Nachschlagewerk für den Alltag, nicht nur für Food-Experten und fortgeschrittene Küchenfeen, sondern auch für ambitionierte Hobbyköche, kulinarische Weltenbummler und neugierige Genießer. Und mit etwas Löffelgefühl und Küchenphantasie kann man das Buch mit seinen vielen kurzen Beschreibungen von klassi-schen Rezepten und Zubereitungstechniken einfach auch als anregendes Kochbuch benutzen. Ein Buch, das in keiner Küche fehlen sollte.