Jung: Historische Theater

Führer zu Schatztruhen und Träumen     

Historische Theater         

in Deutschland Österreich und der Schweiz

Carsten Jung: „Historische Theater“. Deutscher Kunstverlag. 160 Seiten                       


Ob das Münchner Cuvilliés-Theater, das Markgräfliche Opernhaus in Bayreuth oder das Potsdamer Schlosstheater, diese Häuser sind Schmuckschatullen. Aber wer kennt schon das Passauer Fürstbischöfliche Opernhaus, das Hanau-Wilhelmsbader Comoedienhaus oder das Theater in Putbus? Carsten Jung, Generalsekretär der Gesellschaft für Historische Theater porträtiert die vielfältige Landschaft der historischen Theater des Barock, des Biedermeier, des Klassizismus wie des Art Déco auf nur 160 Seiten beispielhaft als Kunst- und Ge-sellschaftsgeschichte Europas. Er beginnt seinen Streifzug mit dem Schultheater der Jesuiten, in dem einst die Schüler lateinische Stücke aufführten. Fast alle diese Klostertheater sind im Zuge der Säkularisierung verschwunden. Eines der beiden letzten erhaltenen steht im schwäbischen Kloster Ottobeuren. Der barocke Saal, in dem 1725 die erste Aufführung stattfand, ist der älteste erhaltene historische Theatersaal dieser Art. 29 weitere hat Carsten jung einzeln ausführlich beleuchtet. Darüber hinaus listet er in einer Tabelle 250 Theater in Deutschland, Österreich und der Schweiz auf  und vergleicht deren ursprünglichen mit dem heutigen Zustand. Man bekommt so einen repräsentativen Überblick über das, was es an historischen Theaterbauten in den drei genannten Ländern gibt.


Viele architektonische Kostbarkeiten und atmosphärisch unvergleichliche Theaterträume stellt das Buch  von Carsten Jung vor. Trotz aller Kriege und sonstigen Katastrophen der letzten drei Jahrhunderte haben sich erstaunlich viele historische Theaterbauten erhalten. Aber nur zwei deutsche besitzen noch eine originale Bühnentechnik aus dem aus dem 18. Jahrhundert, in Gotha und in Ludwigsburg. In allen übri-gen findet man Rekonstruktionen oder ganz moderne Konstruktionen. Warum sich Carsten Jungs Buch  auf die drei Länder Deutschland, Österreich und Schweiz beschränkt, hat seinen einfachen Grund darin, dass die gesamte europäische Theatervielfalt den engen Rahmen eines 160seitigen Kunstführers sprengen würde. Immerhin wagt Jung in einem Kapitel über die Architekten Fellner & Hellmer, die um 1900 in halb Europa ihre Theater gebaut haben, einen Blick über den Tellerrand. Es ist ein Vergnügen, in diesem schönen Buch zu blät-tern, denn hervorragende Photographien zeigen die Erbauer und ihre Theater in prächtigen Innen- wie Außenaufnahmen. Dezidierte, kluge Texte informieren über Entstehungsgeschichte, Zweck und Zustand der Häuser, Restaurierungsprobleme und Instandsetzungs-maßnahmen. Genaue Angaben von Adressen, Öffnungszeiten und Internetseiten machen den praktischem Nutzwert dieses Buches aus, das allen Theaterfreunden nur empfohlen werden kann.


 


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