Fronleichnam

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Fronleichnam: Weder Fron noch Leichnam. Ein opulentas Ideenfest


Im modernen Sprachgebrauch ist der Name des Feiertags irreführend, denn er hat weder etwas mit Fron im Sinne von Arbeit und Zwang noch mit Leichnam als leblosem Körper zu tun. Tatsächlich ist das Gegenteil der Fall: Der Name Fronleichnam beschreibt ein äußerst lebendiges, ja opulentes, sinnliches Fest zu Ehren des Leibes des Herrn.


Fronleichnam ist einer der höchsten Feiertage im römisch-katholischen Kirchenjahr. Er wird auch das Hochfest des heiligsten Leibes und Blutes Christi genannt wird. Der lateinische Name des Fests lautet »Sollemnitas Sanctissimi Corporis et Sanguinis Christi«, in anderen Sprachen wie z. B. dem Englischen, Französischen oder Italienischen heißt der Feiertag ganz einfach »Corpus Christi«.
Am 2. Donnerstag nach Pfingsten feiert ihn die katholische Kirche.


Fronleichnam zählt zu den sogenannten Ideenfesten. Im Gegensatz zu Festen wie Weihnachten oder Ostern, an denen ein konkretes Heilsereignis aus dem Leben Jesu gefeiert wird, steht bei den Ideenfesten eine Glaubenswahrheit im Mittelpunkt.


Das Wort "Fronleichnam" leitet sich vom mittelhochdeutschen "vrône lîcham" für "des Herren Leib" ab. Offiziell heißt der Festtag "Hochfest des Leibes und des Blutes Christi". In festlichen Prozessionen wird in einer Monstranz der Leib Christi durch die Straßen getragen. Jesus Christus steht denn auch im Mittelpunkt. Es wird ein Fest der Dankbarkeit für die leibliche Gegenwart Jesu in Brot und Wein und die Gemeinschaft der Gläubigen mit ihm im Abendmahl gefeiert.


Fronleichnam ist zudem ein rein katholischer Feiertag. Das hängt mit dem unterschiedlichen Abendmahlsverständnis zusammen, das sich während der Reformation entwickelt hat: Nach Lehre der katholischen Kirche werden Brot und Wein in der Eucharistie dauerhaft verwandelt. Sie sind dann Leib und Blut Christi und bleiben es anschließend auch. Deshalb müssen die gewandelten Hostien nach der Eucharistiefeier im Tabernakel, einem kunstvoll gestalteten Schrein in der Kirche, aufbewahrt werden. In der evangelischen Kirche ist das Abendmahl zwar wie in der katholischen Kirche ein Sakrament, wird aber anders verstanden als in der katholischen Kirche. Auch viele evangelische Christinnen und Christen in der Tradition Luthers glauben, dass Christus im Abendmahl real präsent, also gegenwärtig ist. Nach lutherischer Auffassung gilt das aber nur für den Moment der Abendmahlsfeier.


Für Protestantinnen und Protestanten sind Brot und Wein zwar während des Abendmahls „Leib Christi“, nach der Feier aber wieder normales Brot und Wein. Wenn dabei etwa Brot übrigbleibt, kann es anschließend ganz normal gegessen werden. In den reformierten Kirchen werden Brot und Wein lediglich als Symbole für Leib und Blut Christi aufgefasst, das Abendmahl wird als Erinnerung an Jesus Christus verstanden. In keiner evangelischen Kirche ist Fronleichnam daher ein Feiertag.


Die Bedeutung des Fronleichnamsfests hängt eng mit dem letzten Abendmahl Jesu und der Einsetzung der Eucharistie zusammen. Am Abend des Gründonnerstags feierte Jesus mit seinen Jüngern das letzte Abendmahl. Mit den Worten »Dies ist mein Leib« [...] »Dies ist mein Blut« verteilte er Brot und reichte Wein an die Jünger. Nach katholischem Glaubensverständnis ist Jesus in Brot und Wein bei der Eucharistie tatsächlich körperlich anwesend.


Der Ursprung des Fronleichnamsfestes liegt im 13. Jahrhundert. Und wieder sind es Halluzinationen einer Nonne, die am Anfang stehen. Die Augustinernonne Juliana von Lüttich berichtete von einer Vision: Im Traum habe sie den Mond gesehen, der an einer Stelle einen dunklen Fleck aufwies. Man deutete die Vision so, dass der Kirche ein Fest zu Ehren des Altarsakraments fehle. Gesagt, getan: Bischof Robert von Lüttich führte daraufhin das Fest für sein Bistum im Jahr 1246 ein. Im Jahr 1264 legte Papst Urban IV. fest, Fronleichnam am zweiten Donnerstag nach Pfingsten zu feiern. Papst Johannes XXII. (1316-1314) sorgte dafür, dass das Fest in der gesamten abendländischen Kirche gefeiert wird. Die für Fronleichnam heute so typischen Prozessionen entstanden in Deutschland: 1279 gilt als das Jahr der ersten Fronleichnamsprozession, die in Köln stattfand.


Andere wunderbare Erscheinungen und Ereignisse beförderten, ja legitimierten  das Fronleichnamsfest. Die Rede ist vom Blutwunder von Bolsena im Jahr 1263: Bei der Feier der Heiligen Messe entdeckte der Priester Peter von Prag »Blutstropfen« auf den geweihten Hostien. Seine bisherigen Zweifel am Dogma der Transsubstantiation, der Wandlung von Brot und Wein in den Leib und das Blut Jesu Christi, wurden durch die »blutenden« Hostien ausgeräumt.


Die Hostien wurden zu Papst Urban IV. gebracht, der daraufhin den zweiten Donnerstag nach Pfingsten als Datum für das Fest der Eucharistie festlegte. Bis sich das Fest überall verbreitet hatte, dauerte es allerdings noch bis ins 14. Jahrhundert. Die erste Fronleichnamsprozession fand 1279 in Köln statt.


In den meisten katholischen Gemeinden wird Fronleichnam mit einer Prozession begangen. Dabei wird eine geweihte Hostie in einer Monstranz, einem aufwändig gestalteten Schaugefäß, durch die Straßen und Felder getragen. Sogenannte „Himmelträger“ tragen einen Baldachin über dem Priester mit der Monstranz. Ministrantinnen und Ministranten gehen dem Zug voran. Oft wird der Zug von einer Musikkapelle begleitet.


Über den Priester mit Monstranz und Hostie wird oft auch ein Baldachin (auch Tragehimmel genannt) gespannt. Der Baldachin besteht aus einem reich verzierten rechteckigen Stofftuch, das an vier Stangen aufgespannt und getragen wird. Das Himmeltragen übernehmen in der Regel Gemeindemitglieder. Für die Himmelträger ist dies eine Ehrenaufgabe. Traditionell halten die Fronleichnamsprozessionen an vier Stationen mit besonders hergerichteten Altären. Die vier Stationen entsprechen den vier Himmelsrichtungen, aber auch den vier Evangelien. So wird an jeder Station aus einem anderen Evangelium vorgelesen. Die Altäre sind in der Regel kunstvoll mit Blumen geschmückt. An jeder Prozessionsstation wird aus einem der vier Evangelien gelesen, es werden Fürbitten gesprochen und der Priester erteilt den Segen.


In vielen Regionen ist es auch heute noch Brauch, vor den Stationsaltären kunstvolle Blumenteppiche anzulegen. Diese bunten Prachtstücke zeigen meist biblische Szenen, Heilige oder christliche Symbole. Am Morgen vor dem Fronleichnamsfest fertigan Gemeindemitglieder in mühevoller Kleinarbeit die Blumenteppiche an, damit der Priester mit dem Allerheiligsten den Boden nicht betreten muss. In einigen Gemeinden gibt es besondere Prozessionen zu bestaunen, die gern auch von Nicht-Katholiken gern besucht werden und wahre Publikumsmagneten sind. Fetste für Glaubens- und Kirchentoristen eben.


In Österreich sowie in Bayern finden zu Fronleichnam auch sogenannte Seeprozessionen statt. Auch auf dem Rhein bei Köln wird der Fronleichnamstag mit einer Schiffsprozession, der »Mülheimer Gottestracht« gefeiert.


Fronleichnam ist nur in Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und im Saarland ein gesetzlicher Feiertag. In Thüringen und in Sachsen haben die Menschen nur in vereinzelten, überwiegend katholischen Regionen, frei. In Österreich ist Fronleichnam überall ein gesetzlicher Feiertag, wohingegen in der Schweiz nur die Menschen frei haben, die in den überwiegend katholisch geprägten Kantonen leben. In Sachsen, Hamburg und den übrigen Bundesländern bzw. Kantonen wird an diesem Tag ganz regulär gearbeitet. In diesen Regionen feiern katholische Gemeinden Fronleichnam häufig am darauffolgenden Sonntag. In allen anderen Bundesländern ist Fronleichnam kein gesetzlicher Feiertag. Hier wird das Hochfest des Leibes und Blutes Christi am darauffolgenden Sonntag gefeiert. In den Bundesländern ohne Feiertag haben katholische Arbeitnehmer Anspruch auf unbezahlte Freistellung und katholische Schulkinder können an Fronleichnam vom Unterricht befreit werden.


In Sachsen und Thüringen gibt es in Gemeinden mit überwiegend katholischer Bevölkerung eine Sonderregelung. In den sorbischen Regionen Sachsens und im thüringischen Landkreis Eichsfeld, in den Eichsfelder Ortschaften des Unstrut-Hainich-Kreises und in Teilen des Wartburgkreises ist Fronleichnam ein gesetzlicher Feiertag.


Fronleichnam ist bis heute das volkstümlichste religiöse Fest im römisch-katholischen Kirchenjahr, das auf prunkvolle Weise mit Prozessionen gefeiert wird. In vielen Städten und Gemeinden starten die Vorbereitungen dafür schon mehrere Monate im Voraus. An den Prozessionen selbst beteiligen sich neben den verschiedenen Kirchengruppen oft auch örtliche Vereine und Gruppen wie Musikverein, freiwillige Feuerwehr und Kindergärten.

Wie gesagt: In der evangelischen Kirche gibt es den Feiertag Fronleichnam nicht. Nach der katholischen Glaubenslehre ist Jesus Christus durch das Sakrament der Eucharistie in Brot und Wein real präsent. Die Protestanten betrachten die Sache nur symbolisch, für Protestanten ist Jesus während des Abendmahl »in, mit und unter Brot und Wein« gegenwärtig. Brot und Wein sind jedoch nach der Feier wieder das, was sie auch vorher waren, nämlich banales Brot und banaler Wein.


Während der Reformation im 16. Jahrhundert entstanden aus dieser Glaubenskontroversen reale Konflikte, regelrechte konfessionelle Kampftage zwischen Katholiken und Protestanten. So sollen evangelische Bauern an diesem Tag die Felder gedüngt oder die Hausfrauen Wäsche gewaschen haben, um die Prozessionen zu stören. Im Gegenzug klopften Katholiken an Karfreitag gern lautstark die Teppiche aus. Und das sind nur harmlose konfessionelle "Kampftage". Da sage noch einer, dass Religionen friedfertig sind!