Weinrestaurant Risacher

Tempi passati... 


Weinrestaurant Risacher                                 

Erinnerungen an eine Legende

                                                             

Savignyplatz 11, Eingang Kantstraße                                                                               

Berlin Charlottenburg                                                       


Geschlossen seit 01.01. 2008. Mit Wehmut denke ich an dieses Restaurant zurück....




Es ging vielen so. Jahrelang geht man an Yves Risachers Weinrestaurant vorüber, ohne es zu bemerken. Irgendwann wird man von einem seiner Stammgäste mitgenommen. Und dann bleibt man ihm treu, über Jahre hinweg. Und wird selten enttäuscht, weder mit Speisen noch mit Weinen. Bei Yves fühlt man sich einfach wohl, schon wegen der warm- und offenherzigen Zuwendung des weltgewandten Gastwirts, aber auch weil sein Restaurant, halb rustikale Weinstube, halb Bistro, sich keinem Zeitgeist anbiedert.


Man sitzt an blankgescheuerten Tischen und ledergepolsterten Eichenstühlen, umgeben von dunklen Holzpaneelen unter leuchtend gelben Wänden. Wenige Photos und Bilder, schmiedeeiserne Jugendstillampen mit gelben Schirmchen und immer ein großer Strauß frischer Schnittblumen in der Mitte des vorderen Raums, altrosa plüschbezogene Sofas im hinteren Raum, schaffen eine wohltuend gemütliche, schlichte Atmosphäre, die Einen eher an ein elsässisches oder süddeutsches Gasthaus denken lässt als an eine Berliner Location. Wie schön, dass es das gibt in der Hauptstadt. Das Weinresturant Risacher ist nie „trendy“ gewesen. Will es auch gar nicht sein, denn hier gilt´s dem Weingenuß und dem Gespräch. Leute aus Kultur und Wirtschaft sind unter den Stammgästen aus aller Welt. Man trifft sich gern mit Freunden und Bekannten bei Yves. Es sind fast durchweg (wie Yves selbst) Individualisten, die das Lokal schätzen, um verschont zu bleiben von jedweder Musikberieselung und (leider immer häufiger anzutreffenden) unprofessionellen „Bedienung“ , um zusammen zu kommen zum Reden und Weintrinken in gepflegter Atmosphäre. Nun ist Yves Weinangebot auch außergewöhnlich! Seine Elsässer, Rheingau-, Franken- und französischen Weine sind mit großer Kennerschaft und  Passion des Genießers zusammengestellt. Allein seiner Auswahl an vorzüglichen Chateauneuf du Pâpes wegen lohnt ein Besuch des Lokals.Einzigarrig in Berlin. Von den Schaumweinen und Bränden zu schweigen.


Auch in der Küche führt Yves ein strenges, bewährtes, kompomissloses Regiment. Und das schon seit über zwanzig Jahren. Er kam nach Berlin, um zu studieren und wurde Wirt. Seine Pariserische Herkunft steht Pate bei allem, was er einem auftischt, ob Perlhuhnbrust auf Estragonsauce oder Lammkaree, Boeuf Bourgignon oder Kalbsnierchen in Pommery-Senfsauce. Sein Friséesalat, seine Roten Beete, seine Pasteten und Suppen, die Quiche Lorraine mit Blattsalaten, die Crème Caramel, seine Mousse au chocolat und auch das immer frisch gebackene Brot überzeugen, wenn nicht gerade der Koche ausgetauscht wird. Leider hat das kulinarische Niveau des Lokals in letzter Zeit etwas nachgelassen. Dabei waren Yves Rösti immer konkurrenzlos in Berlin. Seine Speisekarte setzt auf Kontinuität und gleichbleibendes bürgerliches Repertoire, aber das auf hohem Niveau. Modische Phantasie und neugierige Koch-Kreativität sind Yves Sache nicht unbe-dingt. Er setzt eher auf Klassiker der französischen, elsässischen, auch südwestdeutschen Küche. Aber man geht ja auch nicht zu Yves, um Neues kennenzulernen. So wie er auch nicht von Laufkundschaft oder Yuppies, Insidern irgend einer der vielen Szenen oder Neugierigen lebt.  Er ist eine Institution, keine chicke "Location".  Bei Yves weiß man, was einen erwartet und was man für sein Geld bekommt. Frei-lich, seine Solidität hat ihren Preis. Der hat bereits die Schmerzgrenze erreicht. Dafür könnte man zumindest Stoffservietten und weiße Tischwäsche erwarten. Und doch...


Manchmal, wenn sich Yves zu einem an den Tisch setzt, bleibt man bis in die Morgenstunden, er wird dann nicht selten spendabel. Gesprächig und unkompliziert ist er immer, auch wenn er mal keinen guten Tag hat. Das schätzt man an ihm. Man kann über fast alles mit ihm reden, wenn man will. Aber er drängt sich nie auf. Diskretion ist für ihn ebenso Ehrensache wie Aufmerksamkeit und Höflichkeit. Seine kosmopolitische Gewandtheit ist angenehm.


Wie gesagt: Wenn man Aufregendes sucht, Prickelndes, im neusten Trend liegendes oder Verrücktes, geht man besser an andere Orte in Berlin. Derer gibt es viele. Doch Yves Risachers Weinrestaurant ist ein gastronomischer Fels des Bewährten in der wilden, unbeständigen See der Küchen und Theken Berlins, ein wohltuender Hort der kulinarischen Tradition.