Die Kronenhalle in Zürich

Fotos: DDS


Die Kronenhalle - Eine Zürcher Institution


Man kann hier Bratwurst mit Rösti essen für sage und schreibe 32 Schweizer Franken. Und das ist noch eine der preiswertesten Speisen des Etablissements, bei dem man tief in die Geldbörse greifen muss. Dafür speist man in einem regelrechten Museum, Die Rede ist von der legendären Zürcher „Kronenhalle.


In ihr hängen vor allem Bilder von Klassikern der Moderne wie Picasso, Chagall oder Miró sowie Schweizer Künstlern wie Max Gubler und dem Bündner Giovanni Giacometti, Ferdinand Hodleund, Sigismund Righini: Sie stammen aus der Sammlung von Gustav Zumsteg, einem Seidenhändler, dessen Eltern Gottlieb und Hulda 1924 die Räumlichkeiten übernommen, das Restaurant gegründet hatten und zum Treffpunkt der Reichen und „Kultivierten“ machten.


Natürlich gibt es ähnliche Ess- „Galerien“ in der Berliner „Paris Bar“, oder im Wiener Neo-Beisl „Skopik & Lohn“, im Ristorante DuVillage von Elsa Rivera und Cuellar Vezzoli, in der Massimo Bottura in Modena, oder im legendären „La Coupole“ in Paris.  Doch die „Kronenhalle“ ist anders. 2024 feiert diese Zürcher Institution ihr Jubiläum: Vor einem Jahrhundert eröffneten Hulda und Gustav Zumsteg die «Kronenhalle», in der seither neben der wirtschaftlichen und politischen Zürcher Prominenz auch Pablo Picasso, Coco Chanel, Federico Fellini oder Max Frisch einkehrten. Noch immer wacht Hulda Zumsteg über ihre Brasserie, von einem Porträt aus, das der Schweizer Kunstmaler Willy Guggenheim alias Varlin im Jahr 1967 von der legendären Kronenhalle-Wirtin angefertigt hat. Sie kann zufrieden sein, denn das Traditionshaus hat jeden gastronomischen Trend überlebt. Sie widersteht jedem Zeitgeist. Die „Kronenhalle“ ist eben die „Kronenhalle“.


Sie ist weltberühmt und mit Zürich so stark verbunden wie etwa das Grossmünster. Sie ist eine Zürcher Institution, eine Legende, ein Mythos... Ebenso legendär ist die Persönlichkeit, die die Kronenhalle als solch einzigartige Gaststätte etablierte: Hulda Zumsteg. Zusammen mit ihrem Gatten übernahm sie 1924 ein heruntergewirtschaftetes Hotel am Bellevueplatz. Und machte daraus das, was die Kronenhalle noch heute ist: ein beliebter Treffpunkt mit einzigartigem Ambiente – und mit hochstehender wie bodenständiger Küche. Eine perfekte Mischung von Unternehmergeist, Gastlichkeit, Fleiss, Beharrlichkeit und einem besonderen Flair für Exklusivitäte zeichnete sie aus. Hulda Zumsteg war nicht nur eine beliebte Gastgeberin, sondern auch eine Unternehmerin, die ihre Angestellten über Jahre hinweg ausbilden, perfektionieren und im Betrieb halten konnte. Das ist sehr selten heute. So entfaltete sich ein fast familiäres Klima, in welchem sich das  Publikum, darunter Kunstschaffende aus aller Welt wohl fühlte. Es konnte sich verlassen auf geschultes, eben nicht austauschbares, sondern  wiedererkennbares Personal.


Seit ihrer Gründung pflegt die Kronenhalle die gutbürgerliche schweizerische Küche. Hippe Experimente oder Zeitgeist-Cuisine ist hier nicht zuhause, ebenso wenig wie Styling aller Art. Diese Location ist sich und ihrer Tradition treu geblieben. Für diese Tradition stehen zum Beispiel das legendäre Kalbsfilet-Geschnetzelte Kronenhalle mit Rösti, die Kronenhalle-Ravioli mit Scampi und weissem Curry, aber auch Kalbsleber mit Rösti, Wiener Schnitzel, Entrecote Café de Paris oder Kalbsbratwurst, Filet de boeuf, Kalbs-Bitoke mit Morchelsauce, Kalbsleber geschnetzelt mit Zwiebeln, Kutteln oder gebratene Mistktratzerle mit  Knoblauch und Rosmarin, ein Robespierre, gebratene Königstaube mit Risotto und schwarzem Trüffel,  Ossobuco, Filetgoulasch Stroganoff, Carré d’agneau provecale oder Chateaubriand.


Freilich, diese kulinarischen Offenbarungen haben ihren Preis (zwischen 70 und 170 CHF). Aber sie sind ihn auch wert, denn Küchenchef Peter Schärer garantiert kulinarische Qualität und große Kochkunst, auch wenn er dafür von den Rittern der Zeitgeistküche immer wieder belächelt wird.  Zum Genusserlebnis in der Kronenhalle gehört natürlich auch der Wein. Der Keller ist sehr gut bestellt. Das Beste ist gerade gut genug. Schweizerische wir französische Tropfen vor allem. Die Wein-Preise bewegen sich etwa zwischen 50 und 500 CHF pro Flasche, und mehr.... Wahrlich kein Pappenstiel.  Aber über Geld spricht man nicht, man hat es, oder sollte es haben, wenn man in die Kronenhalle geht


Zur Kronenhalle gehört auch eine Bar, die 1965 vom Zürcher Architekten Robert Haussmannn als Gesamtkunstwerk gestaltet wurde. Sans pareil, also unübertoffen, so wünschte sich Gustav Zumsteg 1965 die Kronenhalle Bar. Sie ist es! Sie besticht durch ihre mit grünem Saffianleder bespannten Polster und einer wie im Bootsbau verarbeiteten Mahagonidecke. Die Beleuchtungskörper auf der Bartheke stammen von Diego Giacometti und sind ebenso Kunstwerke wie die Gemälde an den Wänden. Auch das legendäre Parkett aus der London County Hall demonstriert Exklusivität und Stil. Diego Giacomettis fünfarmige Alabasterleuchten tauchen die Bar in Mondscheinlicht, und Werke von Joan Miró, Pablo Picasso oder Paul Klee beseelen den Raum. Er ist - wie eigentlich die ganze „Kronenhalle“ ein einzigartiger Ort. Wer ihn besucht, wird ihn in Erinnerung behalten.  


Was die Kronenhalle Bar aber ebenso ausmacht wie das einzigartige Interieur sind ihre langjährigen Mitarbeiter, allen voran Barchef Christian Heiss, der ein Buch mit den Lieblingsrezepten und Spezialwünschen seiner prominenten Gäste hütet. Es sei noch hervorgehoben: Die Kronenhalle Bar ist wohl die einzige, die ohne musikalische Bedröhnung oder Gedudel auskommt. 


Als 1958 Hulda Zumstegs Gatte Gottlieb starb, konnte sie erfreulicherweise ihren Sohn Gustav dazu bewegen, in den elterlichen Gastronomiebetrieb zurückzukehren. Gustav hatte unterdessen in Paris Karriere als Seidenhändler gemacht und sich als Kunstsammler etabliert. Mit seinen engen Verbindungen in die Kunst- und Modewelt läutete er in der Kronenhalle eine neue Ära ein: Als die Wände in seiner Wohnung über dem Restaurant für seine vielen Werke nicht mehr gross genug waren, weitete er die Galerie auf die restlichen Räume des Hauses aus. Im Laufe der Jahre füllten sich so auch alle Wände der Kronenhalle mit kostbarer Sammlerkunst – und wertvollen Geschenken: Viele Maler sprachen ihren Dank für die einzigartigen Kronenhalle-Erlebnisse durch ein speziell gewidmetes Bild aus.


Nach dem Tod seiner Mutter im Jahr 1985 übernahm Gustav Zumstag die Kronenhalle als alleiniger Patron, gründete im Andenken an seine im selben Jahr verstorbene Mutter die Hulda und Gustav Zumsteg-Stiftung, mit der er den Wunsch verband, besondere Projekte und Initiativen in den Bereichen bildende Kunst, Gastronomie und Textilindustrie nachhaltig zu unterstützen.


Was die „Kronenhalle“ zur Institution macht ist ihre Unverwechselbarkeit und Beständigkeit, ihr eigenwilliger, perfekter Service, die gepfefferten Preise und die traditionelle Kochkunst, einmal abgesehen vom einzigartigen Ambiente des Lokals, jener Mischung aus Kunst, Glamour und Gutbürgerlichkeit.