Das Miramar in Marseille

Fotos: Miramar & DDS
Das „Miramar“ - mittelmeerisches Juwel unter den französischen Restaurants



Viele Jahre lang hatte Marseille ein Imageproblem. Abgetan wegen seiner mehr als schlechten Reputation, dem Verfall der Stadt und der häufig alarmierenden Kriminalstatistik, war Marseille lange das Schwarze Schaf an der provençalischen Küste. Aber nicht nur in Cannes oder St. Tropez, mittlerweile ist auch Marseille heute eine schöne und eine riesige, dynamische, mit Ecken und Kanten versehene, geschäftige Metropole mit einer mehr als 2.000 Jahre währenden Geschichte.


Spätestens seit Marseille 2013 Europäischen Kulturhauptstadt wurde, gab es zusätzliche, elegante (renovierte) Museen und die Stadt strahlt seitdem einen nicht zu übersehenden Charme und Optimismus aus, ist sauber und sicher. Vor allem das 1983 gegründete Historische Museum Marseille (Musée d'Histoire de Marseille), das nur einen Steinwurf vom Alten Hafen entfernt ist, erstrahle seit seiner Wiedereröffnung im Jahr 2013 in neuem Licht. Die neue Architektur stellt eine enge Verbindung zwischen der Stadt, ihrem Museum und der archäologischen Stätte her. Die siebdruckbeschichtete Glasfassade bildet den Rahmen für das gesamte Gelände des Alten Hafens, das im Garten erhalten ist, einen echten, zum Himmel offenen Museumsraum.


Es gibt viele Sehenswürdigkeiten in Marseille. Vor allem aber ist die Stadt geprägt von der Kulinarik und dem „Savoir Vivre“, der französischen Sonne und den Einflüssen des Mittelmeers. Die zweitgrößte Hafenstadt Frankreichs, Hauptstadt des Départements Bouches-du-Rhône und der Region Provence-Alpes-Côte d’Azur, ist die älteste Stadt Frankreichs. Schon seit ihrer Gründung um 600 v. Chr. durch griechische Seefahrer ist sie ein wichtiges Zentrum für die Einwanderung und den Handel. Das Herz der Stadt ist der alte Hafen Vieux-Port, wo Fischer ihren Fang direkt an der Anlegestelle verkaufen. Sie ist geprägt von Einwanderern (90 Prozent der Bevölkerung hat Vorfahren, die nicht aus Frankreich stamme.) Marseille eilt der Ruf voraus, besonders kriminell zu sein. Und doch ist es eine wunderbare Stadt, am Hang gelegen, zum glasklaren Meer hin abfallend, eine paradiesische Lage, und über allem thront die maurisch anmutende, imposante Basilika „Notre-Dame de la Garde.“


Marseille ist die Hauptstadt des Départements Bouches-du-Rhône und der Region Provence-Alpes-Côte d’Azur und die älteste Stadt Frankreichs. Kristallklares Waser von Türkis bis Azur schillernd. Strandcafés und Badeclubs der 50er und 60er Jahre. In Sichtweite die kleine Insel mit dem legendären Château d'If, dem Ort, an dem der unsterbliche Roman von Alexandre Dumas um den Grafen von Monte Christo spielt. Diese lebendige, unvergleichliche Stadt vereinigt noch heute Abenteuer- um nicht zu sagen Räuberromantik, ein wenig Afrika und Mittelmeerambiente. Sie strotzt von prächtigen Bauwerken, die inzwischen herrlich restauriert wurden, aber auch malerischen Gässchen und Winkeln. Und das Klima ist, wenn es noch so heiß ist, durch das Meer immer leicht windig und angenehm frisch, weshalb ich vom nahegelegenen (malerischen, aber tags und nachts geradezu glühenden) Aix-en-Provence, wo ich viele Jahre die Opernfestspiele besuchte und von ihnen berichtete, tagsüber immer nach Marseille floh.


Neben alledem kann man gut, um nicht zu sagen exzellent Speisen in Marseille. In dieser Stadt gibt es Gourmettempel. Einer liegt im historischen Zentrum von Marseille, am Quasi du Port, direkt am Alten Hafen mit seinen mondänen Yachten, nicht weit zur Oper und nicht weit zu einem der besten Pastis- und Absinth-Läden, den ich kenne, das Restaurant „Miramar“. Man darf wohl sagen: Eines der besten Restaurants in Frankreich. Es handelt sich naturgemäß um ein Restaurant der gehobenen Preisklasse. Ein Gang kostet zwischen 15 und EUR 60. Das ist nicht wenig, aber die Küche vollbringt wahre Wunder, der Service ist meist aufmerksam und höflich, man ist äußerst großzügig.
Bei meinem ersten Besuch wurde ich empfangen mit einer imposanten Schieferplatte mit Croutons, über die ein wahrer Berg aus Trüffeln gehobelt wurde. Ich war außer mir vor Freude, als wahres „Trüffelschwein“. Ich bat darum, den Patron sprechen zu dürfen, das ist Christian Buffa, um ihm zu danken und meine Begeisterung auszusprechen. Sofort kam die nächst Trüffelplatte und jeder Gang danach wurde getrüffelt.


So etwas habe ich denn doch noch nicht erlebt. Als ich zum zweiten Mal dort einkehrte, gab es schon ein großes Glas, ein Coup de Champagne auf Kosten des Hauses. Und was für ein Champagner, und so kalt, dass er in der Mittagshitze rauchte. Das bleibt unvergessen. Der Innenraum des Lokals ist in rotem Plüsch und warmem Holz elegant gehalten, auf der Terrasse zur Straße hin herrscht Lässigkeit, freilich der gehobenen Art. Rote Stühle, weiß gedeckte Tische. Auch wenn die Kellner im schwarzen Frack herumwuseln ist das Publikum doch sehr durchwachsen, keineswegs versnobt oder betont neureich. Weißer Hut und Sommer-Sakko bei den Herren fallen allerdings ins Auge. Es kann sehr heiß sein in Marseille!


Spezialisiert ist das Lokal auf die Zubereitung von Fischgerichten. Was soll man sagen: Das Miramar ist eine Institution. Christian Buffa kocht perfekte Fische, Steinbutt, Seezungen und Meerwolf, berühmt ist seine Bouillabaisse. Ich ziehe allerdings eine soupe de poisson vor. Auch Meerestiere aller Art, vor allem Hummer (in allen Variationen) und Garnelen werden geradezu himmlisch zubereitet. Es gibt natürlich auch Kaviar, Austern, feinstes Fleisch und hervorragend gebratene foie gras (Gänse-Stopfleber). Allen Vorbehalten dieser Köstlichkeit gegenüber: Ich habe nie bessere Tournedos Rossini gegessen als im Miramar. Von Käsen, Vorspeisen, Desserts und Weinen ganz zu schweigen.


Freilich, man wird viel Geld los im Miramar, aber das Essen gleicht einem erstklassigen Operngenuss. Man vergisst ihn nicht. Das Miramar in Marseille ist nicht nur einen Umweg, sondern eine Reise wert!