Der andere Offenbach


Offenbach“ jenseits der Klischees

Vorerst krönender Abschluß der Buchneuerscheinungen im Offenbach-Gedenkjahr


Jacques Offenbach“ jenseits der Klischees

Abschluß der Buchneuerscheinungen im Offenbach-Gedenkjahr: Ergebnisse eines Symposiums


Sehr zu Recht schreibt Ralf-Olivier Schwarz, einer der Herausgeber des Buches und Autor einer erst kürzlich erschienenen, maßstabsetzenden, den heutigen Forschungsstand repräsentierenden Offenbach-Biographie: „Offenbach ist vielleicht der am stärksten mit Klischees behaftete Kom-ponist der Musikgeschichte.“ Recht hat er: Man denke nur an die Fehleinschätzung des Höllen-galopps aus der Opéra bouffon „Orphée aux Enfers“ als „Cancan“ wie auch der der „Barcaro-le“ aus Offenbachs Oper „Les Contes d´Hoffmann“ als musikalische Venedig-Ikone. Die Offen-bachrezeption ist voller Missverständnisse und zudem reduziert auf nur einen kleinen Teil des enormen Œeuvres eines "der produktivsten und innovativsten Musikdramatikers des 19. Jahr-hunderts.“


Auf diesen „anderen“ Offenbach „jenseits der Welterfolge der großen Opéras Bouffes“ auf-merksam zu machen, „die Werk in den Blickwinkel zu nehmen, denen bislang nur allzu selten Aufmerksamkeit zuteil wurde,“ war das Anliegen eines Symposiums, das im Vorfeld des 200sten Geburtstages des Komponisten 2018 in der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Frankfurt am Main abgehalten wurde. Auf den Vorträgen der elf Autoren des Sympo-siums basieren die Beiträge des Buches, die zwei Schwerpunkte aufweisen: „zum einen Offen-bachs Schaffen vor seinen großen Erfolgen der 1850er- und 1860er-Jahre, zum anderen Offen-bachs häufig vergessene oder zumindest übersehene große Werke nach 1870 bzw. jenseits des Zweiten Kaiserreichs.“ so die Herausgeber.


Von theaterhistorischer Bedeutung sind beispielsweise Jean-Claude Yons Auslassungen über „Offenbachs andere Theater“, also der unzähligen anderen Bühnen jenseits der Bouffes-Pari-siens oder des Théâtre des Variétés, an denen der Komponist wirkte. Hochinteressant ist auch der Beitrag von Frank Harders-Wuthenow über die patriarchatskritische und emanzipatorische Rolle der Frau in Offenbachs Werken. Auf das bisher kaum wahrgenommene Genre seiner Lieder macht Elisabeth Schmierer aufmerksam. Ralf-Olivier Schwarz weist auf die kaum zu überschätzende Prägung der Musik Offenbachs durch den  Kölner Karneval hin und Niclas Esser gibt einen aufschlussreichen Einblick in die gegenwärtige Situation der bedeutendsten Offenbachsammlung (im Historischen Archiv der Stadt Köln), zehn Jahre nach dem Einsturz des Archivgebäudes.


So erweist sich diese Publikation nach denen von Heiko Schon („Jacques Offenbach – Meister des Vergnügens“), Ralf-Olivier Schwarz („Jacques Offenbach. Ein europäisches Porträt“), Peter Hawig („Musiktheater als Gesellschaftssatire. Die Offenbachiaden und ihr Kontext“)  und Laurence Senelick („Jacques Offenbach and the Making of Modern Culture“) als vorerst krönender Abschluß der Buchneuerscheinungen im Offenbach- Gedenkjahr.


Rezension auch in "Das Orchester" (Schott )