Schütz Handbuch


Das neue Standardwerk in Sachen Schütz

 



Dieses lange erwartetet Handbuch zieht anlässlich seines 350. Todesjahres eine Bilanz des Wissens über den „Meister der protestantischen Kirchenmusik“, der nicht nur als Dresdner Hofmusiker – und das ist das Anliegen des Buches – weit mehr war als nur Kirchenmusiker. Hans Heinrich Eggebrecht brachte dies einmal in folgendem - ironisch zugespitzten - Bonmot auf den Punkt „die Präsenz von Schütz ist die Abwesenheit Gottes.“

Herausgeber Walter Werbeck macht die Problematik der Bewertung von Schütz bereits im ersten Kapitel anhand einer kommentierten Gegenüberstellung der erhaltenen Schütz-Bilder vor dem Hintergrund der wesentlichen Schütz-Biographien deutlich.


Schon die frühen Lebensstationen des Komponisten, Köstritz (Geburt am 8.10.1585), Weißenfels, Kassel und Marburg waren durchaus ungewöhnlich, wie Gerhard Aumüller darstellt. Eine beispiellose Karriere. Bei zwei Venedig-Aufenthalten, über die man fast nichts wisse, wie Silke Leopold beredt ausführt, hat Schütz Giovanni Gabrielis Musik kennen gelernt. Immerhin war Venedig um 1600 „nach Paris, Neapel und London … die viertgrößte Stadt Europas“, eine Metropolle, die auch musikalisch repräsentierte. Die „Opulenz der Besetzungen, die Klangpracht der mehrchörigen Kompositionen“ der Serenissima sollten nachhaltig auf ihn und sein eigenes Komponieren wirken, vor allem in Dresden, seinem Hauptwirkungsort ab 1615 für Jahrzehnte.


Als Dresdner Organist, Hofkapellmeister, Kirchen- und Tafelmusiker sowie musikalischer Organisator auch am dänischen Hof, zudem Berater in Braunschweig, Wolfenbüttel, Zeitz und anderswo hat er immense Aktivitäten entfaltet und ein respektgebietendes Werk geschaffen.


„Das Leben von Heinrich Schütz zu erzählen, lässt sich an wie ein Roman“ schrieb zurecht schon Michael Heinemann in seiner hervorragenden Rowohlt-Monographie von 1994. Das nun erschienene Schütz Handbuch trägt dieser Behauptung vollends Rechnung.


Wie der Musikwissenschaftler Friedrich Chrysander (der sich mit Bach, Händel und Schütz bestens auskannte) schon 1858 schrieb: „Es war … Heinrich Schütz, welcher für die deutsche Musik wirkte wie ein Heiliger für die Kirche.“ Alfred Einstein überbot dieses Kompliment noch mit der Bemerkung: „Es ist nicht bloß Snobismus, wenn Schütz von einigen Sonderlingen tiefer geliebt wird als Bach.“


Wie auch immer: In Werbecks reich bebildertem Schütz-Handbuch (an dem 21 Autoren und Fachgelehrte mitwirkten) wird auf 444 Seiten auf neustem Stand der Wissenschaft den biographischen Stationen breiter Raum gewidmet, das überwältigende Werk, seine Aufführungspraxis und seine Rezeption präzise und umfassend dargestellt, um „zu einer differenzierteren Sicht auf den Komponisten“ beizutragen. Werk- und Personenregister sowie umfangreiche weiterführende Literaturhinweise machen dieses Buch schon jetzt zu einem konkurrenzlosen Standardwerk

 

Siehe auch meine Besprechung in "Das Ochester"