Eppan

Foto: Tourismusverein Eppan


Südtirol wie es leibt und lebt,

kulinarisch und kulturell, vor, während und nach Weihnachten


Zu drei empfehlenswerten Buchneuerscheinungen des Folio Verlags.

 

Mein Freund Herbert Rosendorfer, der zuletzt in einem Ansitz in St. Michael, dem Hauptort von Eppan, seine Zelte aufgeschlagen hatte, sagte mir immer, Eppan liege „auf dem Weg zum Paradies“. So ist auch ein Büchlein von Martin Hanni betitelt, das jetzt im Folio Verlag erschienen ist. Tatsächlich ist Herbert Rosendorfers Roman „Der Meister“ in der Liste der verwendeten Literatur Martin Hannis und seines Panoramas des "klimatischen Kurorts Eppan" aufgeführt. Es ist jener Roman, der in Venedig spielt und von zwei alten Herren erzählt, die nicht nur den Musikwissenschaftsbetrieb bloßstellen, sondern begnadete Esser und Trinker sind und von einer Taverne zum nächsten Ristorante der Serenissima ziehen, die ja eine kulinarische erste Adresse ist.  Das gilt auch für Südtirol im Allgemeinen und Eppan im Speziellen.


Der Bozener Kulturpublizist Hanni, der in Eppan aufwuchs, kennt sich aus mit Geschichte und Kultur, Lebensart und Sehenswürdigkeiten des einzigarten Fleckchens Erde, das er in Wort und Bild panoramahaft porträtiert, ein episodenreiches Kaleidoskop jenes Ortes, „an dem gebadet, gekraxelt, getrunken, gewandert, gestritten vermarktet, vermietet, bestellt storniert, kassiert, verkalkuliert, entspannt und ausgespannt wurde und wird“.  Viel erfährt man über Land und Leute Eppans, seine Gäste und Gastgeber, aber auch seine Kulturschaffenden. Auch auswärtige Ansichten über Eppan werden reflektiert. Das Buch lädt ein, Eppan aufzusuchen. Es ist allerdings alles andere als ein Reisebuch, eher ein Buch für Zeitreisende, in dem das Kulinarische nicht die kleinste Rolle spielt.


Wer Genaueres über Südtirols Kulinaria, will sagen seine bodenständig wunderbare Küche erfahren möchte, der wird mit Anneliese Kompatschers und Tobias Schmalzls Kochbuch bestens bedient, das mit Weintips von Walter Schullian aufwartet, die natürlich sehr subjektiv sind. Ob Spinatknödel, Selchfleisch, Hirschmedaillons, Topfenstrudel, Bachforelle, Weißweinsuppe, Schwarzplentene Nudeln oder Kaiserschmarren: Man kann Südtiroler Köstlichkeiten (um nicht zu sagen kulinarische Seligkeiten) durchaus mit Weinen genießen, die nicht aus der Region stammen.  Es sind 74 Rezepte, die das Buch enthält, allesamt zum Nachkochen auch für normalsterbliche Durchschnittsköche (mit Sinn für Aromen und Gewürze). Kalte und warme Vorspeisen, Suppen, Fleisch- und Fischgerichte, Beilagen und Grundrezepte sowie Desserts und Torten warten nur darauf, ausprobiert zu werden. Ein Glossar typisch österreichischer Begriffe und Ausdrücke aus dem gastronomischen Bereich erleichtert die Zutatensuche. Die Fotografin Anneliese Kompatscher hat jedes Gericht fotografisch präsentiert, der schreibende Koch ist Tobis Schmalzl, einer des renommiertesten Südtirols. Er betont, dass die Südtiroler Küche ursprünglich eine bäuerliche ist, die sich allerdings von den angrenzenden deutsch- und italienischsprachigen Gebieten hat inspirieren lassen. Seine erklärte Absicht ist es, den Bedürfnissen der "heutigen leichten Küche" Rechnung zu tragen und auch jenseits Südtirols neugierig zu machen auf diese raffiniert einfache Küche. Was ihm auch gelingt. Das Buch ist eine modern angehauchte Ergänzung zum konkurrenzlosen Klassiker von Maria Drewes: „Tiroler Küche“.


Schon immer hat die Südtiroler Küche Weihnachten mit ganz besonderen Köstlichkeiten bedacht, so wie auch dem Brauchtum und den Geschichten zur Weihnacht besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Marlene Lobis, auf einem Südtiroler Bauernhof aufgewachsen, hat die 43 Tage vom Katreintag (25. November) bis Dreikönigstag (6. Januar) daraufhin abgeklopft. Kein Fest im Jahreskreis sei mit so vielen Erwartungen wie Ansprüchen verbunden wie Weihnacht, so schreibt sie: Advents- wie Weihnachtsbräuche, Rezepte typischer Backwaren, Geschichten und historische Hintergründe werden von ihr vermittelt, besinnliche, sakrale, kommerzielle und magische, Kitsch und Hektik nicht ausgenommen. Das reich illustrierte und mit Fotografien ausgestattete, hart gebundene Buch ist ein liebenswertes Bilder- und Lesebuch, das alle Sinne bedient. Krampusläufe, Blütenorakel, Weihrauchriten, Adventskranzbinden und das Nikolaustheater kommen zu Ehren. Das traditionell zu Maria Empfängnis am 8. Dezember beginnende Plätzchen- und Lebkuchen- bzw. Zeltenbacken (samt Rezepten), die Glühwein- und Krippenkultur, manche vergessene Heiligentage, Weihnachtsmusik, Strohsternebasteln, die Weihnachtsgeschichte, Sonnenwendbräuche, Erinnerungen an Bozener Orangerien, die sich im Orangenpunsch erhalten haben, aber auch Sternsingen und die Raunächte sind Thema. Die Raunächte beginnen am Abend des 25. Dezember und dauern bis zum 6. Januar, sind also die letzten sechs Nächte im alten und die ersten sechs Nächte im neuen Jahr. Vorchristlicher Aberglauben und uraltes Brauchtum ranken sich um diese 12 Nächte, in denen nach germanischem Aberglauben das wilde Heer von Odin durch die Luft fährt und jeden mitreißt, der ihm begegnet.


Es sind die weithin vergessenen Traditionen vor und nach Weihnachten, denen auch Marlene Lobis nachspürt, „auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ Südtirols.

 

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