Allerheiligen

Photo: Privat /Rom - San Paolo fuori le mura - Apsismosaik


Allerheiligen

Religiöse Bedeutung, Traditionen und Bräuche

 

Alle christlichen Kirchen feiern hierzulande am 1. November Allerheiligen. In vielen europäischen und auch in fünf deutschen Bundesländern ist Allerheiligen sogar ein gesetzlicher Feiertag. In Polen ist es der wichtigste Feiertag, ein Hochfest der katholischen, ein Fest auch in den meisten protestantischen Kirchen, der Tag, an dem aller Heiligen gedacht wird, der „verherrlichten Glieder der Kirche, die schon zur Vollendung gelangt sind“. Auch solcher, die nicht heiliggesprochen wurden, sowie der vielen Heiligen, um deren Heiligkeit niemand weiß als Gott allein.

 

Im Lauf der ersten Jahrhunderte wurde es wegen der steigenden Zahl von Heiligen zunehmend schwierig, jedes Heiligen an einem eigenen Fest zu gedenken. Jährliche Gedenktage für Verstorbene gab es bereits im antiken Christentum. In der Ostkirche finden sich seit Anfang des 4. Jahrhunderts dann ausdrücklich Allerheiligenfeste, die als Herrentag aller Heiligen am 1. Sonntag nach Pfingsten gefeiert wurden. In der Westkirche weihte Papst Bonifatius IV.  am 13.Mai 609 oder 610 das zuvor allen Göttern Roms geweihte  Pantheon der Jungfrau Maria und allen Märtyrern (Sancta Maria ad Martyres) ordnete eine jährliche Feier an, zunächst am Freitag nach Ostern. Papst Gregor III. weihte über hundert Jahre später eine Kapelle in der Basilica St. Peter allen Heiligen und legte dabei für die Stadt Rom den Feiertag auf den 1. November., und zwar für die gesamte Westkirche. Im Osten wurde schon seit dem vierten Jahrhundert Allerheiligen als Fest zum Gedenken sämtlicher Märtyrer gefeiert. Doch die Ostkirche hatte Allerheiligen auf den ersten Sonntag nach Pfingsten gelegt.



Tatsächlich gibt es eine enge Verbindung zwischen Ostern und dem Toten- bzw. Heiligengedächtnis. Durch die Auferstehung Christi sei der Himmel auch für die Toten wieder geöffnet worden. So dachte der fromme Christ. Diesem Gedächtnis der Verstorbenen, die geläutert im Himmel weiterleben, gilt denn auch der Allerseelentag. Der Tag davor, Allerheiligen ist Vorbereitung auf Allerseelen.

 

Das „Dies irae“, aus dem Hymnus vom Jüngsten Gericht, das traditionell in der Totenmesse, gesungen wird, ertönte früher auf jedem Friedhof am Allerseelentag. Kerzen wurden entzündet, um die Seelen anzulocken, aber auch um eine Schranke zu setzen zwischen Mensch und Seele, Lebenden und Verstorbenen. Diese Lichtsymbolik hat mit dem früher weit verbreiteten Glauben zu tun, dass die im Fegefeuer zwecks Reinigung einsitzenden armen Seelen auf dem Weg in den Himmel einen Tag frei bekämen und ihre Gräber besuchten, zu denen die Angehörigen ihnen den Weg erleuchten müssten.

 

In der Nacht von Allerheiligen auf Allerseelen seien nicht nur die guten, sondern auch die bösen Seelen, und allerhand Geister und Dämonen unterwegs, so glaubte man früher. In dieser Nacht ins Freie zu gehen, galt als lebensgefährlich. Wer diese Nacht überlebte, konnte angeblich alle Toten des nachfolgenden Jahres sehen.

 

An Allerheiligen stellte man früher für die Seelen Verstorbener nicht nur Lichter, sondern sogar Speisen auf das Grab, Brot, Wein und Bohnen. Über die heidnischen Ursprünge solcher Bräuche kann nur spekuliert werden. Gelegentlich versteckte man auch Geldmünzen auf den Gräbern, damit die Kinder, die es fanden, sich besonderes Festtags-Gebäck (Allerheiligengebäck) davon kaufen konnten. Auch wurden und werden noch heute vielerorts an Allerheiligen die Gräber mit Grab-Lichtern bestückt, werden schön herausgeputzt und mit Gebinden von Herbstblumen geschmückt.


Am Tag nach Allerheiligen, dem 2. November, begeht die römisch-katholische Kirche den Allerseelentag, an dem der Armen Seelen in Fegefeuer gedacht wird. Neapel mit seinem ausgeprägten Totenkult sowie Kult der armen Seelen im Fegefeuer (denen vielerorts in den Straßen Altäre geweiht sind) ist eine Hochburg jener Tradition.

 

Nicht nur auf dem Friedhof, auch zuhause gedachte und pflegte man in früheren Jahrhunderten aus Anlass von Allerheiligen und Allerseelen die Toten. Für sie ließ man beispielsweise über Nacht Speise und Trank auf dem Tisch stehen, damit sie sich bedienen konnten, man schüttete Mehl ins Feuer, um den im Fegefeuer gebratenen Seelen symbolisch Linderung zukommen zu lassen, man ließ allerdings keine Pfanne auf dem Ofen stehen, es könnte sich ja eine arme Seele versehentlich hineinsetzen. Kein Messer durfte verkehrt herum auf dem Tisch liegen, die arme Seele könnte sich darauf setzen.

 

Es gab auch den Brauch in den vergangenen Jahrhunderten an Allerseelen in den Räumen Schalen mit Fett oder Butter aufzustellen, damit die dem Fegefeuer entflogenen Seelen ihre Brandwunden kühlen konnten. Besondere Achtung war bei Tieren geboten an diesem Tag. Keiner Kröte durfte man etwas zuleide tun, es könnte sich ja eine arme Seele in ihr verbergen. Allerheiligen und Allerseelen waren Feste nicht nur des Glaubens, sondern auch des Aberglaubens. Spuk und Zauber konnten frei Schalten und Walten. Teatrum sacrum. 

 

Zur Fratze geschnitzt und von innen geisterhaft beleuchtet, wird dem Kürbis im Amerikanischen und Angelsächsischen am Abend vor Allerheiligen, dem sogenannten „Halloween“ gehuldigt. „Halloween“ kommt von „All Hellows Eve“, und meint urspünglich soviel wie „Vorabend von Allerheiligen“. Der hat mit dem heute zumeist nur noch als "Grusel-Karneval" zelebrierten Halloween nicht viel mehr zu tun.


Allerheiligen ist, aller christlichen Todesfurcht und Jenseitshoffnung zum Trotz, auch Anlass zu sehr irdischer Freude, denn der erste November ist Beginn des Winters und damit Auftakt des Jagd- und Schlachtemonats mit seinen kulinarischen Lustbarkeiten, die mit dem Hl. Hubertus am dritten November einen eigenen Patron haben.